Frauen fordern mehr EU-Spitzenpolitikerinnen

Frauen fordern mehr EU-Spitzenpolitikerinnen
Die sich abzeichnende Vergabe der EU-Spitzenjobs überwiegend an Männer ist nach Einschätzung des Frauen-Dachverbands European Women's Lobby (EWL) ein Skandal.

"Wir protestieren gegen die Unfähigkeit der Mitgliedstaaten und von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, sicherzustellen, dass Frauen an der Macht angemessen beteiligt werden", sagte EWL-Generalsekretärin Myria Vassiliadou am Mittwoch in Brüssel in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Ich bin sehr besorgt, enttäuscht und wütend."

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Vassiliadou äußerte sich angesichts des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend, bei dem die Posten des EU-Ratspräsidenten und des "Außenministers" vergeben werden. "Diese Amtsinhaber entscheiden über unsere Zukunft; wenn das nur Männer sind - wo bleiben Demokratie und soziale Gerechtigkeit?" 52 Prozent der Bevölkerung seien Frauen. "In Artikel 6 der EU-Gründungsverträge ist die Gleichheit von Mann und Frau festgeschrieben - wo bleibt die?"

"Extrem ungleiche Gesellschaftsstruktur"

Beunruhigend sei auch, dass bereits in der alten EU-Kommission nur 8 von 27 Kommissaren Frauen gewesen seien. Für die neue Kommission gebe es momentan sogar nur drei Kandidatinnen. "Ich hoffe wirklich, dass das Europaparlament, das dem Kollegium zustimmen muss, das stoppen wird", sagte Vassiliadou. "Diese Kommission vertritt nicht das ganze Volk." Die neue EU-Kommission tritt voraussichtlich Anfang 2010 ihr Amt an. Die EWL ist der Lobby-Dachverband für etwa 2000 Frauen-Verbände, darunter der Deutsche Frauenrat.

Die Kommission sei zwar "Hüterin der EU-Verträge" und müsse die Chancengleichheit forcieren, sagte Vassiliadou. Das größte Problem herrsche aber auf nationaler Ebene. "Es spiegelt eine extrem ungleiche Gesellschaftsstruktur wider und es gibt nicht genug politischen Willen, etwas dagegen zu unternehmen." Notwendig seien gesetzliche Schritte wie Quotenregelungen.

Das Problem bestehe nicht nur an der Spitze, sondern auf jedem Niveau, das Frauen jeder Herkunft betreffe. "Frauen verdienen im Schnitt 17 Prozent weniger als Männer; ein Fünftel ist Opfer häuslicher Gewalt. Mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen sind Frauen. Wohin verschwinden sie auf der Karriereleiter?" "Erstarrte Gesellschaftsstrukturen" müssten sich ändern. Gleichberechtigung müsse als Ziel für sich und als Grundrecht angesehen werden. "Gesellschaften mit Chancengleichheit haben einen stärkeren Zusammenhalt, weniger Kriminalität und einen besseren Servicesektor."

dpa