Die Unionsspitze stellte sich am Mittwoch vor die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) und wandte sich damit klar gegen den Regierungspartner FDP.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies nach der Kabinettsklausur in Meseberg auf das Vorschlagsrecht des Verbandes, das im Wahlprogramm der Union auch erwähnt sei. Das Kabinett befasste sich nicht mit dem Thema. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte die FDP vor einer Einmischung in die Frage der Besetzung des Stiftungsrates des geplanten Zentrums gegen Vertreibungen.
"Klar ist aus dem Wahlprogramm von CDU und CSU, dass wir ausdrücklich gesagt haben, dass dem BdV das Vorschlagsrecht natürlich zusteht", sagte die CDU-Vorsitzende Merkel in Meseberg bei Berlin. Das erwähne sie, weil immer wieder Zweifel aufkämen. Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, die Regierung sei sich "völlig einig", dass sie erst über die Besetzung spreche, wenn es eine Nominierung gebe.
Westerwelle droht mit Veto
Kauder sagte, es sei nicht Sache einer bestimmten Partei, dem Bund der Vertriebenen Vorschriften zu machen, wen er nominieren solle oder nicht. Das Thema müsse schnell abgeräumt werden, weil es allen Beteiligten schade. Die Aufforderung der FDP mit deutschen Interessen zu verbinden, sei abenteuerlich und abwegig, sagte Kauder mit Blick auf führende Liberale. "Ich kann mir vorstellen, dass viele Deutsche das deutsche Interesse anders formulieren würden als die FDP."
Westerwelle lehnt die Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat mit Rücksicht auf polnische Bedenken strikt ab. Er hat mit einem Veto gedroht, weil das Kabinett in dieser Frage das letzte Wort hat. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger hatte vor wenigen Tagen gesagt, Steinbach solle sich überlegen, ob sie weiter ihre persönlichen Ambitionen über die Interessen Deutschlands stellen wolle.
Der BdV hatte die Regierung am Dienstag aufgefordert, noch in Meseberg den Weg für die CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach in den Stiftungsrat freizumachen. Das BdV-Präsidium hält an ihrer Benennung fest, meldete dies aber erneut nicht bei der Bundesregierung an. Damit bleibt der dritte Sitz der Vertriebenen im Stiftungsrat weiter unbesetzt. Ein Einvernehmen in der Koalition ist nicht in Sicht.
Steinbach lehnte Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze ab
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Merkel auf, den Streit um Steinbachs Rolle in der Stiftung zu beenden. "Das Schweigen im Fall Steinbach ist für die deutsch-polnischen Beziehungen belastend." Die Linkspartei-Abgeordnete Ulla Jelpke sagte, Steinbach stilisiere sich zum "Opfer einer Verschwörung". Die CDU-Politikerin hatte vor 18 Jahren die Anerkennung der deutsch-polnischen Oder- Neiße-Grenze abgelehnt.
Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums war nach langem Ringen zwischen Deutschland und Polen von der großen Koalition ins Leben gerufen worden. Die SPD hatte - wie die FDP jetzt - die Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat mit einem Veto blockiert.
Der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, forderte von der Regierung, bis Jahresende den Weg für Steinbach in den Beirat der Stiftung freizumachen. Sonst hätte das Projekt für die Sudetendeutschen seinen Sinn verloren, sagte der CSU-Europaabgeordnete der rechtskonservativen Zeitschrift "Junge Freiheit".