Knapp drei Wochen vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen wächst der Druck auf die Staatengemeinschaft, der Erderwärmung entschieden entgegenzutreten. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) rechnet trotz schwieriger Verhandlungen weiter mit einem Erfolg des Gipfels. Scheitern sei keine Option, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. Röttgen erwartet eine politische Vereinbarung, die über eine reine Absichtserklärung hinausgehe. Darin müssten die Einzelheiten für ein rechtlich verbindliches Abkommen geregelt sein, das im kommenden Jahr zustande kommen solle.
Auch mehrere Umwelt- und Entwicklungsorganisationen zeigten sich optimistisch. "Wir glauben, dass in Kopenhagen die Chance besteht, ein substanzielles Abkommen hinzubekommen", sagte der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals. Gerüchte über ein Scheitern des Gipfels würden von "Spin-Doctoren und Nebelwerfern" besonders aus den USA gezielt gestreut, um die Erwartungen herunterzuschrauben. Barbara Unmüßig vom Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung betonte: "Kopenhagen kann aber den Durchbruch bringen, wenn die Industrieländer ernsthaft und glaubhaft ihre Klimaziele vorlegen und bereit sind, entsprechende Summen bereitzustellen." Der Norden habe eine besondere Verantwortung.
Russland gibt weitreichende Zusage
Russland will sich beim Klimagipfel in Kopenhagen verpflichten, seine CO2-Emissionen bis 2020 um 25 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern. Das bestätigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nach einem Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in Stockholm. Medwedew selbst sagte, die EU und Russland müssten jetzt bis zur Konferenz in Dänemark andere von der Notwendigkeit schnellen Handelns überzeugen. Barroso sprach von einem "sehr wichtigen Schrit". Die EU-Länder haben sich auf eine Verminderung um 20 Prozent bis 2020 verpflichtet und wollen dies auf 30 Prozent erweitern, wenn auch andere maßgebliche Länder das tun.
Der Rat der katholischen EU-Bischofskonferenzen (ComECE) fordert die europäischen Staaten auf, die Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel großzügiger zu unterstützen. Die Hilfe sei "eine Frage der Gerechtigkeit", sagte ComECE-Präsident Adrianus van Luyn in Brüssel. Die Industrieländer seien zum Großteil für den Klimawandel verantwortlich. Sie dürften die armen Länder nicht mit Almosen abspeisen.
Arme Menschen besonders hart betroffen
Der UN-Bevölkerungsfonds UNFPA warnte vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung für die Armen. "Der Klimawandel könnte die hart errungenen Entwicklungsgewinne der letzten Jahrzehnte umkehren", heißt es im neuen Weltbevölkerungsbericht. Durch Wassermangel, verursacht durch die Erwärmung, drohten der Landwirtschaft extreme Schäden. Zu befürchten seien auch mehr Überschwemmungen und Stürme. Eine weitere Verknappung der Lebensmittel wäre die Folge. Von den rund 6,8 Milliarden Menschen auf der Erde hungern laut UN rund eine Milliarde Menschen. Der UNFPA rechnet mit einem Anstieg der Weltbevölkerung auf 9,1 Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts.
In Kopenhagen soll über ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz beraten werden. Ziel ist eine Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase. Der Weltklimarat fordert, dass die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius begrenzt werden muss, um gravierende Folgen zu vermeiden. Zwischen den großen Industrie- und Schwellenländern zeichnet sich jedoch keine Einigung auf verbindliche Reduktionsziele bis 2020 ab. Zuletzt hieß es, ein rechtsverbindliches Abkommen werde möglicherweise erst ein Jahr später als geplant beschlossen.
Hilfswerke fordern unterdessen im Kampf gegen globale Krisen wie den Klimawandel und den weltweiten Hunger eine radikale Umkehr. "Es geht nicht nur um ein bisschen Umwelt, sondern um einen radikalen Umbruch der gesamten Gesellschaft", sagte der Sprecher von Social Watch Deutschland, Klaus Heidel, in Berlin. Auf der Tagesordnung stehe der Umbau der gesamten Produktionsweise sowie der Konsumgewohnheiten. Die Welt kämpfe nicht nur gegen eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern auch gegen Klimakrise, Wasserkrise, Hungerkrise und Energiekrise im Süden, die sich gegenseitig bedingten.