Bananen und Schlümpfe als Einheitsdenkmal

Bananen und Schlümpfe als Einheitsdenkmal
Die erste Ausschreibung für ein Denkmal zur deutschen Einheit in Berlin brachte keine sinnvollen Vorschläge zu Tage. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) will eine erneute Blamage auf jeden Fall verhindern: 20 Jahre nach dem Mauerfall soll die vereinte Republik nicht wieder über goldene Bananen und Schlümpfe auf Mauerresten herziehen. Deshalb wird ein neuer Wettbewerb für das Freiheits- und Einheitsdenkmal momentan sorgfältig vorbereitet. Auch in Leipzig wurde der Wettbewerb für das geplante Einheitsdenkmal noch nicht eröffnet.
06.11.2009
Von Corinna Buschow und Jutta Wagemann

Die Ausschreibung für das Berliner Denkmal, dass unweit des Doms vor dem künftigen Stadtschloss entstehen soll, wird demnächst starten, heißt es im Büro des Kulturstaatsministers. Nach der ohnehin schon langen Debatte wird offenbar angestrebt, am 9. November nächsten Jahres den Siegerentwurf zu präsentieren. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und FDP festgelegt, "zur Erinnerung an den 17. Juni 1953 und den Herbst 1989 auf der Berliner Schlossfreiheit ein Nationales Freiheits- und Einheitsdenkmal (zu) errichten und die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Leipzig (zu) unterstützen".

Neue Ausschreibung soll präziser werden

Im November 2007 hatte der Bundestag die Errichtung des Denkmals beschlossen. In diesem Jahr, zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, sollte das Werk fertig sein. Doch das Verfahren verzögerte sich. Im Mai dieses Jahres wurden die 532 Entwürfe des "Gestaltungswettbewerbs" in Berlin ausgestellt. Die Kriterien in der Ausschreibung waren so weit gefasst, dass absurde Vorschläge wie eben eine goldene Banane auf Säulen, Schlümpfe oder ein begehbares Ei darunter waren - das deutsche Feuilleton reagierte amüsiert bis entsetzt.

Der Kulturausschuss des Bundestags stimmte daraufhin dem Vorschlag Neumanns zu, einen neuen Wettbewerb zu starten. Rund zehn Millionen Euro hat der Bundestag für das Berliner Einheitsdenkmal bewilligt. Wann mit dem Bau begonnen wird und wann gar das Denkmal fertig sein wird, ist derzeit völlig offen. "Jegliche Jahreszahl wäre unseriös", heißt es beim Kulturstaatsminister.

Die neue Ausschreibung für das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin wird jedenfalls präziser sein als die erste. Konsens ist seit Januar die Errichtung eines eigenen Denkmals in Leipzig, so dass das Kunstwerk in Berlin keinen Bezug zu Leipzig herstellen muss.

Leipzig lässt sich Zeit

In der sächsischen Messestadt ist indes noch immer kein Termin für die Ausschreibung zur Gestaltung des Denkmals in Sicht. Ursprünglich sollte diese am 9. Oktober starten, dem 20. Jahrestag der entscheidenden Montagsdemonstration in Leipzig. Nach dem Scheitern in Berlin wolle man die Details der Ausschreibung genau prüfen, sagt eine Referentin im Kulturdezernat der Stadt.

Auch der Standort bleibt nach wie vor unklar. Zur Wahl stehen nach einer Bürgerumfrage im Mai der zentrale Augustusplatz mit Oper, Gewandhaus und Universität sowie der Wilhelm-Leuschner-Platz am Neuen Rathaus. Beide Orte liegen am mehrspurigen Innenstadtring, auf dem die Demonstranten 1989 für Freiheit protestierten. Fünf Millionen Euro von Bund und Freistaat darf das Leipziger Denkmal kosten.

Weil das Thema derzeit auf Eis liegt, herrscht scheinbar auch Ruhe im öffentlichen Denkmalstreit. Nach der jüngsten Kritik des ehemaligen Bürgerrechtlers und Grünen-Europaabgeordneten Werner Schulz, der bei der Jubiläumsfeier am 9. Oktober im Gewandhaus gegen ein "in Stein gemeißeltes" Einheitsdenkmal und für die Konzentration auf die Pflege authentischer Erinnerungsorte warb, blieb das öffentliche Echo aus.

"Der 9. Oktober ist wie etwas Heiliges"

Der Leiter des Leipziger Stasimuseums "Runde Ecke", Tobias Hollitzer, erklärt das Abklingen offener Kritik mit dieser Jubiläumsfeier. "Für viele Leipziger ist der 9. Oktober wie etwas Heiliges", sagt er. So habe man es bis zu der einen Monat zurückliegenden Feier, bei der mehr als 100.000 Menschen zu einem Lichtfest die Demonstrationsroute von damals noch einmal beschritten, eine würdige Form des Umgangs mit diesem Tag kaum für möglich gehalten. "Jetzt hat jeder gesehen, dass dadurch nichts kaputt gemacht wird", argumentiert Hollitzer.

Doch die Beschwerdebriefe kommen weiter - etwa fünf landen Monat für Monat von der Öffentlichkeit unbeachtet im Kulturdezernat. Wegen der Emotionalität der Diskussion in Leipzig spricht sich Hollitzer bei der Ausschreibung für ein offenes Verfahren mit anschließender Bürgerdiskussion aus. Allerdings plädiert der Gedenkstättenleiter dafür, dass nur Fachleute, also Architekten und Künstler, am Wettbewerb teilnehmen sollen. Letztlich sei dann nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Jury über die Gestaltung des Denkmals entscheidet, da bei Kunst im öffentlichen Raum die Meinungen im Volk immer auseinandergingen. "Bisher ist mir nur ein Kunstobjekt bekannt, das breiten Konsens erzeugt: Das ist der Schneemann", sagt Hollitzer.

epd