General Motors will Opel nun doch nicht verkaufen

General Motors will Opel nun doch nicht verkaufen
Der US-Autobauer General Motors will sich nun doch nicht von seiner deutschen Tochter Opel trennen und hat den geplanten Verkauf an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna überraschend abgeblasen.

Wie der US-Konzern am späten Dienstagabend mitteilte, habe der GM-Verwaltungsrat in Detroit entschieden, das Europa-Geschäft rund um Opel nun selbst zu sanieren. Dazu wolle man unter anderem der deutschen Regierung einen Plan vorlegen. GM-Chef Fritz Henderson bezifferte die Kosten der Restrukturierung auf drei Milliarden Euro. In Berlin wurde die Entscheidung bedauert. Auch bei den Opel-Arbeitern stieß der Plan auf Kritik. Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sieht dadurch die Opel-Werke in Bochum, Kaiserslautern und Antwerpen "akut gefährdet".

Betriebsrat fordert Rücknahme der Beihilfen

Die Bundesregierung erwarte nun, dass GM die von Bund und Ländern geleistete Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro fristgerecht zurückzahle, erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Außerdem gehe man davon aus, dass der US-Konzern die Leistungsfähigkeit der deutschen Tochter stärke und die erforderlichen Anpassungen auf ein "unverzichtbares Mindestmaß begrenzt". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gebeten, am Mittwoch im Kabinett zum Thema Opel zu berichten.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zeigte sich "sehr betroffen und zugleich verärgert" über die Entscheidung des US- Autobauers. "Angesichts der negativen Erfahrungen der letzten Jahre mit der Unternehmenspolitik von GM mache ich mir große Sorgen um die Zukunft des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze", sagte Koch.

Opel-Gesamtbetriebsratschef Franz forderte die Bundesregierung auf, die für den Fall eines Verkaufs zugesagten Finanzhilfen nicht zu zahlen. "Ich gehe auch davon aus, dass sich die Bundesregierung von GM nicht erpressen lässt, zumal es mit Magna eine andere Alternative gibt", sagte Franz. Es sei auch unwahrscheinlich, "dass GM aus anderen Ländern Geld bekommt, da diese die Zusage nur auf Basis des industriellen Konzeptes von Magna getroffen" hätten.

GM baut auf Staatshilfen aus Europa

Im September hatte das GM-Gremium noch den Verkauf von 55 Prozent der Opel-Anteile an den Autozulieferer Magna und dessen Partner Sberbank empfohlen. Die EU-Kommission hatte Bedenken angemeldet und GM aufgefordert, die Entscheidung zu überdenken.

Auch nach der ersten Empfehlung für Magna galt der GM- Verwaltungsrat als gespalten. Einige Mitglieder wollten Opel behalten, weil beide Hersteller aufeinander angewiesen seien: Opel allein sei zu klein zum Überleben, und GM brauche Opel wegen der modernen Technologie der Deutschen und deren Zugang zum europäischen Markt. Dieser Marktzugang gab nun als "wichtiger Bestandteil der globalen Strategie von GM" auch den Ausschlag für den Stimmungswandel bei GM am Dienstag.

Bei der Sanierung Opels baut der US-Autokonzern auf Staatshilfen aus Europa. "GM wird seinen Restrukturierungsplan bald Deutschland und anderen Regierungen vorlegen und hofft dabei auf eine wohlwollende Prüfung", kündigte Henderson an. Die Kosten belaufen sich nach vorläufigen Schätzungen auf drei Milliarden Euro. "Das ist deutlich weniger als alle Investoren-Angebote", so der GM-Chef. Magna hatte 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen angestrebt.

"Der kostengünstigste Ansatz"

Gleichzeitig entschuldigte sich Henderson für den monatelangen Verhandlungsmarathon um die Zukunft Opels, an dem unter anderem mehrere Regierungen, Unternehmen, der Opel-Betriebsrat und die EU- Kommission beteiligt waren: "Wir verstehen, dass die Komplexität und Dauer dieses Themas für alle Beteiligten anstrengend war." Die jetzige Entscheidung sei aber die beste für Kunden, Beschäftigte, Zulieferer und Händler. "Das ist der stabilste und kostengünstigste Ansatz, um die Zukunft von Opel und Vauxhall langfristig zu sichern."

GM werde mit den Gewerkschaften an einem Plan für ihren Sanierungsbeitrag arbeiten. Der Betriebsrat hatte aber bereits massive Proteste angedroht und lehnt jede Form von Gehaltsverzicht für eine Sanierung mit GM ab. Er fürchtet einen radikalen Stellenabbau und Werksschließungen.

Beobachter in Europa trauen GM nicht zu, die Opel-Sanierung finanziell stemmen zu können. Nach Ansicht von Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer fährt GM "mit höchst möglichem Risiko". Für Opel seien die Entwicklungsmöglichkeiten bei seiner alten Mutter um ein vielfaches schlechter. West-Europa sei ein Markt ohne Wachstum und mit großem Verdrängungswettbewerb, so Dudenhöffer. "Russland wird für Opel-GM deutlich schwieriger werden als für Opel-Magna-GAZ." GM beginne erst jetzt, "den x-ten Restrukturierungsplan für Opel auszuarbeiten". "Und dies mit enttäuschten Mitarbeitern, die nicht hinter GM stehen, mit einem weiter geschwächten Management und hohen Verlusten, die finanziert werden müssen."

Auch Armin Schild, Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzender und Opel-Aufsichtsratsmitglied, hatte kürzlich davor gewarnt, dass Opel unter dem Dach von GM die Pleite drohe.

Zusammenarbeit mit GAZ ausbauen

Die Amerikaner geben sich hingegen zuversichtlich: "Die Finanzkraft und Stabilität von GM haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Das macht uns zuversichtlich, das Europa-Geschäft erfolgreich restrukturieren zu können." GM wolle zudem seine Beziehungen mit dem russischen Autobauer GAZ weiter ausbauen.

In dem monatelangen Bieterkampf um Opel hatten Bundesregierung und Opel-Betriebsrat stets einen Einstieg Magnas befürwortet. Sie bewerteten das Konzept des kanadisch-österreichischen Zulieferers als das einzig Tragfähige, um den angeschlagenen Autobauer in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Berlin hatte Magna dafür 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen zugesagt.

dpa