Der lange Weg der Frauen durch kirchliche Institutionen

Der lange Weg der Frauen durch kirchliche Institutionen
Zwei Frauen an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland - ein Novum. Lagen musste Frauen um ihre Anerkennung und Gleichberechtigung kämpfen.

Die Wahl von Bischöfin Margot Käßmann zur ersten Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist keine Selbstverständlichkeit. Bis zur Neuzeit waren Frauen von kirchlichen Leitungsämtern in der Regel ausgeschlossen, in einigen Kirchen gilt das bis heute. Folgende Stationen markieren den Weg der Gleichberechtigung in der Kirche:

  • In der Bibel werden bereits im Alten Testament Prophetinnen erwähnt. Im Neuen Testament wird von der Apostelin Junia und der Diakonin Phöbe berichtet. Historikern zufolge soll es im frühen Christentum viele Amtsträgerinnen gegeben haben, darunter wohl auch Bischöfinnen.
  • In der Kirche des Mittelalters gab es einige prägende Frauengestalten wie zum Beispiel die heilige Elisabeth von Thüringen (1207-1231) oder die Ordensleiterin und Mystikerin Hildegard von Bingen (1098-1179), die einst als "Deutschlands größte Frau" bezeichnet wurde. Sie werden von katholischen Gläubigen bis heute als Vorbilder und Fürsprecher betrachtet, auch wenn der Vatikan keine Frauen zu Priesterinnen weiht.
  • Die christliche Frauenbewegung nahm in Europa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang, auch in Deutschland: 1899 wurden der Deutsche Evangelische Frauenbund und 1903 der Katholische Deutsche Frauenbund gegründet.
  • Vor dem Zweiten Weltkrieg setzten einzelne evangelische Landeskirchen in Deutschland examinierte Theologinnen als Seelsorgerinnen in Krankenhäusern und Gefängnissen sowie als Religionspädagoginnen ein. Diese wurden aber meist eingesegnet, nicht ordiniert. Ausnahmen sind etwa Ilse Härter und Hannelotte Reiffen, die 1943 vom damaligen brandenburgischen Präses und späteren EKD-Ratsvorsitzenden Kurt Scharf (1902-1990) ins Gemeindeamt ordiniert wurden.
  • Hanna Jursch (1902-1972) erhielt als erste Theologin 1956 in Jena einen Lehrstuhl an einer deutschen theologischen Fakultät.
  • Elisabeth Haseloff und Waltraut Hübner gehörten bundesweit zu den ersten Pfarrerinnen im Gemeindepfarramt nach dem Krieg. Haseloff wurde Ende der 1950er Jahre in Lübeck eingeführt. Die aus Sachsen stammende Hübner trat 1961 mit 36 Jahren ihre Stelle in einer Flüchtlingsgemeinde von Vertriebenen in Frankfurt an. Erst später wurde die Zölibatsklausel abgeschafft, die nur unverheiratete Frauen zum Pfarrdienst zuließ.
  • Schaumburg-Lippe ließ 1991 als letzte Mitgliedskirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Ordination von Frauen als Pastorinnen zu.
  • Die Theologin Maria Jepsen wurde 1992 in Hamburg als weltweit erste lutherische Bischöfin in ihr Amt eingeführt.
  • Die Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen ist in der anglikanischen Kirche von England erst seit 1994 erlaubt. In anderen anglikanischen Kirchen in der Welt, etwa den USA, Kanada, Neuseeland und Australien, wurden bereits Frauen zu Bischöfinnen geweiht.
  • Regina Pickel-Bossau und Angela Berlis wurden am Pfingstmontag 1996 in Konstanz zu den weltweit ersten Priesterinnen der Alt-Katholischen Kirche geweiht. Die Alt-Katholische Kirche gründete sich 1870 unter anderem als Kritik an der katholischen Kirche. Diese hatte auf dem Ersten Vatikanischen Konzil das Dogma von der päpstlichen Lehrunfehlbarkeit verkündet.
  • Bis heute können nicht in allen evangelischen Kirchen Frauen Pfarrerinnen werden. Von den 140 im Lutherischen Weltbund zusammen geschlossenen Kirchen lehnen mehr als 30 die Frauenordination ab. Überwiegend sind das Kirchen in Afrika, Asien und Osteuropa.
  • EKD-weit gab es Ende 2005 mehr als 19.000 Pfarrer, davon waren 5.588 Frauen. Vor 20 Jahren waren von 18.000 Theologen in der evangelischen Kirche rund 2.100 weiblich. Die Statistiken legen nahe, dass in Zukunft noch häufiger Frauen auf der Kanzel stehen. Im vergangenen Wintersemester studierten insgesamt 9.517 Personen evangelische Theologie. Davon waren 5.783 Frauen.
epd