Jack Wolfskin und wie man das Netz gegen sich aufbringt

Jack Wolfskin und wie man das Netz gegen sich aufbringt
Der Outdoor-Ausrüster Jack Wolfskin sorgt derzeit für Entrüstung über Internetnutzern, weil er mit Abmahnungen gegen Angebote in einem Webshop vorgegangen ist. Das Unternehmen sieht seine Markenrechte verletzt.

Als "fliegenpilzle" am Mittwoch vergangener Woche ihre Post öffnete, verschlug es der Hobby-Näherin beinahe die Sprache. "Ich hab heute eine Abmahnung von Jack Wolfskin im Briefkasten gehabt", schrieb sie kurze Zeit später im Forum des Online-Marktplatzes "Dawanda". 991 Euro forderten die Anwälte des Outdoor-Ausrüsters - weil die Kleinhändlerin in ihrem Shop zwei Taschenspiegel mit Stoff-Pfötchen verkauft hatte. Das Weltunternehmen mit der Tatze als Markenlogo witterte einen Verstoß gegen das Markenrecht und schaltete die Anwälte ein. "fliegenpilzle" war nicht die einzige Anbieterin auf "Dawanda", die eine Abmahnung bekam.

Bei vielen Internetnutzern hat Jack Wolfskin, das seinen Sitz in Idstein im Taunus hat, mit dem Vorgehen seinen guten Ruf verspielt. Im Web ist bereits von einem "PR-Desaster" die Rede. In Blogs und dem Online-Kurznachrichtendienst Twitter kursieren angesichts der "Abmahnwelle gegen Hobbybastler" Boykottaufrufe. Der Kommunikationsberater Klaus Eck, der Unternehmen beim Aufbau eines Netz-Images berät, schreibt in seinem "PR-Blog": "Das David-gegen-Goliath-Spiel (...) schadet der Online-Reputation des Unternehmens inzwischen massiv."

Hohn und Spott von Nutzern

Die Blogger- und Twitterer-Gemeinde solidarisierte sich mit den Abgemahnten. Ein "Zwitscherer" kündigte an, "Alle seine Jack-Wolfskin-Klamotten in die Altkleidersammlung" zu werfen. "Eine große, etablierte Marke schießt sich selbst ins Knie - und merkt es nicht einmal", merkte ein anderer an. Viele Nutzer reagierten mit Hohn und Spott: "Jack Wolfskin verklagt demnächst auch Wölfe im Wald, die unerlaubter Weise das JW-Logo hinterlassen", unkte einer. Und ein anderer philosophierte darüber, "ob Wolfskin jetzt auch meine Kater abmahnt. Wegen der Tatzen meine ich."

Jack Wolfskin verteidigte sein umstrittenes Vorgehen: Man habe als Markeninhaberin "das Bestreben und die Pflicht, die Marke gegen ähnliche Drittzeichen zu verteidigen, da die Marke sonst geschwächt wird", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Bei den 991 Euro handele es sich nicht um eine "Strafzahlung", sondern um die Kosten, die Jack Wolfskin durch die Einschaltung der Anwälte entstanden seien. Eine Sprecherin lehnte jeden Kommentar zur Zahl der Abmahnungen und zu den Reaktionen im Internet ab.

Gegenwind bekommt Jack Wolfskin auch von "Dawanda" selbst, wo Bastler handgefertigte Mode, Taschen oder Schmuck anbieten. Das Internet-Unternehmen hatte bereits nach einem Schreiben der Jack- Wolfskin-Anwälte beanstandete Produkte von seiner Seite genommen. Trotzdem habe der Outdoor-Ausstatter mit Abmahnungen reagiert. "Wir sind von diesem Verhalten maßlos enttäuscht", schreibt "Dawanda" auf seiner Internetseite. Mehrere Hersteller bieten inzwischen Artikel an, deren Erlös sie als Zeichen der Solidarität den Abgemahnten spenden wollen.

"taz" ließ Tatze nicht schützen

Kommunikationsberater Eck meint, mit der heftigen Reaktion im Internet habe Jack Wolfskin sicherlich nicht gerechnet - "zumal der Outdoor-Ausrüster schon in der Vergangenheit immer wieder seine Marke mit Abmahnungen geschützt hat." Beispiel "taz": Das Blatt hatte die typische "taz"-Tatze schon 1979 designen lassen, aber versäumt, sie schützen zu lassen. Jack Wolfskin ließ die Tatze dann 1982 schützen - und mahnte die Zeitung in den vergangenen Jahren mehrmals ab, weil sie das Logo auf Outdoor-Kleidung und Handtüchern verwendete.

Dabei ist in dem ganzen Fall durchaus unstrittig, dass ein Unternehmen das Recht hat, seine Marke zu schützen. Diskussionswürdig dagegen ist das Vorgehen. Aus der Sicht von Klaus Eck wäre mehr Kommunikation und weniger juristisches Denken nötig gewesen, um diesen Fall zu lösen. So hätte Jack Wolfskin per Mail oder Brief mit den Betroffenen Kontakt aufnehmen können, möglicherweise auch über die Plattform "Dawanda". Wäre dann keine Einsicht erfolgt, hätte das Unternehmen immer noch eine Abmahnung schreiben können, so der Berater. Zudem fehle dem Bekleidungsunternehmen ein Kanal wie beispielsweise ein Blog, wo die Markenverletzungen wie auch das Vorgehen des Unternehmens und die Konakte zu Usern hätten dokumentiert werden können. Derzeit beurteilt Eck den Fall noch als einen "Schuss vor den Bug". Eine langfristige Schädigung erwartet er derzeit nicht, da Qualität der Produkte und Service stimmten. Sollte es jedoch auch in diesen Bereichen Probleme oder andere Vorfälle geben, könnte die Reputation langfristig Schaden nehmen.

Jack Wolfskin ist nicht der einzige Ausstatter, der Teile des Web gegen sich aufbringt. Erst vor kurzem hatte Jako, ebenfalls Hersteller von Outdoor-Bekleidung, eine ähnliche Erfahrung machen müssen. Jako war gegen den Blogger "Trainer Baade" vorgegangen, der sich über das neue Logo des Unternehmens geäußert hatte. Jako sah durch diese Äußerungen offensichtlich seine Marke bedroht und schickte eben eine Abmahnung. Nach einem Proteststurm innerhalb der Blogosphäre ging das Unternehmen auf den Blogger zu. Wer heute bei Google als Suchwort "Jako" eingibt, findet auf der vierten Position noch immer den ersten Treffer zu diesem Vorfall.

dpa/web