In einer dreitägigen Klausurtagung wollen die Spitzen von Union und FDP von diesem Freitag bis Sonntag einen Großteil ihrer inhaltlichen Streitpunkte klären, um den Weg zu einem Koalitionsvertrag Ende der kommenden Woche zu ebnen. In den letzten Sitzungen der Arbeitsgruppen gab es weitere Einigungen - etwa zum gesetzlichen Verbot von sittenwidrig niedrigen Löhnen und bei den Sicherheitsthemen. Dagegen gehen Union und FDP mit unterschiedlichen Meinungen zur Zukunft des Gesundheitsfonds in die große Koalitionsrunde.
Bei den Sicherheitsthemen einigten die Unterhändler nach eigenen Angaben in allen Punkten. So soll die Nutzung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung auf schwere Gefahrensituationen beschränkt werden. Bei den Internetsperren verständigten sich CDU/CSU und FDP darauf, dass das Bundeskriminalamt (BKA) zunächst versuchen soll, kinderpornografische Seiten zu löschen statt zu sperren. Nach einem Jahr sollen die Erfahrungen mit der Löschung ausgewertet werden. Für heimliche Online-Durchsuchungen von Computern Verdächtiger ist künftig eine Anordnung der Bundesanwaltschaft nötig. Zudem bekommen neben dem BKA keine weiteren Sicherheitsbehörden diese Möglichkeit der heimlichen Computer-Ausspähung.
Keine Einigung
Die Arbeitsgruppe Gesundheit ging am Freitagmorgen nach mehr als elfstündigen Verhandlungen ohne Einigung in Kernfragen der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auseinander. Während die FDP den Einstieg in ein System mit Einheitsprämien wollte, lehnte die CSU dies ab. «Wir wollen keine Kopfpauschale, für die die FDP große Sympathien hat», sagte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU).
Die FDP gab den Christsozialen die Schuld am Scheitern in der Arbeitsgruppe Gesundheit. «Es war die offensichtliche Strategie der CSU, es scheitern zu lassen», sagte FDP-Experte Daniel Bahr. "Wir wollen den Einstieg in ein Prämiensystem mit solidarischem Ausgleich - das wollte die CSU nicht." Auch in der CDU gab es Fürsprecher für eine Einheitsprämie.
Bei den Zusatzbeiträgen für die Versicherten sei vorgesehen gewesen, die Grenze von einem Prozent des Einkommens entfallen zu lassen, sagte Bahr. Bahr zeigte sich äußerst enttäuscht vom anhaltenden Streit.
Erhöhung der Kassenbeiträge?
Die CDU-Expertin Annette Widmann-Mauz sagte hingegen: "Wenn man das gesamte Paket ansieht, geht es in die richtige Richtung." Die Parteiführungen hätten nun eine gute Grundlage zur Entscheidung. Bahr sagte, im Grundsatz sei sich die Runde von Union und FDP einig geworden, den Krankenkassen mehr Hoheit über ihre Beiträge zu geben sowie den Finanzausgleich zwischen den Kassen zu ändern.
Den Krankenkassen droht 2010 ein Defizit von rund 7,5 Milliarden Euro. Die Ausgaben für Arzneimittel, Kliniken und Ärzte steigen teils kräftig; auf der Einnahmeseite fehlen rund 4,6 Milliarden Euro. Bislang ist geplant, dass der Zufluss aus der Steuerkasse nächstes Jahr um 1,5 auf 11,5 Milliarden Euro steigt. Steigende Mittel könnte es nach geltendem Recht auch durch eine Erhöhung des 14,9-Prozent- Einheitssatzes für Arbeitgeber und Arbeitnehmer geben sowie durch Zusatzbeiträge allein zulasten der Kassen-Mitglieder.