Tausende Kraniche rasten in Brandenburg

Tausende Kraniche rasten in Brandenburg
Nur 50 Kilometer von der Millionenstadt Berlin entfernt bietet sich derzeit ein einzigartiges Naturschauspiel. Tausende majestätische Kraniche rasten auf ihrem Zug in den Süden im Rhin-Havel-Luch um das Dorf Linum.
15.10.2009
Von Gudrun Janicke

23.533 Vögel wurden bei der jüngsten Zählung registriert. An manchen Tagen können es bei der jährlichen Rast bis Ende November bis zu 80.000 sein. Das Gebiet ist der größte europäische Rastplatz für die Vögel.

Dem 74-jährigen Moritz Rauch ist das frühe Aufstehen nicht anzumerken. Wetterfest gekleidet und ausgestattet mit Fernglas und Fotoapparat ist er seit dem Morgengrauen zu den Schlafplätzen der Kraniche (Grus grus) unterwegs. Wenn die ersten Vögel nach der Nachtruhe in den Himmel aufsteigen, zählt er sie in einem vorher festgelegten Areal.

Die Kraniche haben bereits rund 2.000 Kilometer Flug von den Brutplätzen in Westrussland und Skandinavien hinter sich. In Brandenburg fressen sie sich Reserven an, um die letzte Etappe nach Frankreich oder Spanien zu überstehen. Während die Tiere fressen, sich ausruhen und die Sonne genießen, späht Rauch mit dem Feldstecher nach bunten Ringen an den dünnen Beinen. Die Beobachtungen gehen an die internationale Kranich-Zentrale. Dort wird erfasst, wann ein Vogel beringt und wo er danach überall gesehen wurde.

Rastplatzbetreuer Hinke schützt Idylle

«Wer einmal Gefallen an den Vögeln gefunden hat, kommt nie wieder los», erzählt der ehrenamtliche Rastplatzbetreuer Ekkehard Hinke. Der 71-Jährige verlor als Neunjähriger bei einem Diavortrag in der Schule sein Herz an die etwa 1,20 Meter großen Vögel. Etwa 200 Meter von ihm entfernt stehen einige Hundert der weiß-grau gefiederten Tiere auf einem abgeernteten Maisfeld. Leises Trompeten, fast wie Gesang, ist zu hören.

Die meisten Kranichtouristen halten sich an die Gebote des Vogelschutzes: Abstand zu den Tieren, unauffällige Kleidung und Ruhe. In Rage kommt der bedächtige Hinke, als er von einem Taxifahrer berichtet, den er schließlich anzeigte. «Er war querfeldein unterwegs und wollte seiner Kundschaft bequem ein Naturschauspiel bieten.» Laut Bundesnaturschutzgesetz ist das Betreten der Brutgebiete sowie der Nahrungs- und Sammelplätze verboten.

Jungvögel brauchen viel Futter

«Die Vögel werden aufgescheucht und stärken sich zu wenig für den Weiterflug», sagt Hinke. Vor allem die vor drei oder vier Monaten geschlüpften Jungvögel brauchen ausreichend Futter. Damit es keine Probleme mit den Landwirten gibt, die sich um das gerade gesäte Wintergetreide sorgen, werden die Tiere auch mit gezielten Fütterungen abgelenkt.

dpa