Für viele Menschen sind die Kommentare von Dieter Bohlen als Jury-Mitglied von "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) einfach nur menschenverachtend und boshaft. Das Bundessozialgericht in Kassel hingegen stuft Bohlens flotte Sprüche hingegen durchaus als Kunst ein. RTL muss deshalb nun für Bohlen und seine Jury-Kollegen 173.000 Euro Künstlersozialabgabe zahlen.
Für die Ausgaben von DSDS zwischen 2002 und 2004 haben Bohlen und seine Kollegen in der Jury insgesamt vier Millionen Euro von RTL kassiert. Dazu verpflichteten sie sich laut Vertrag zu "eigenschöpferischen, höchstpersönlichen Leistungen". Wie Bohlen diese "eigenschöpferischen Leistungen" ausübte ist umstritten. Mal fragte er eine Kandidatin "Hast du Verstopfung? Ich meine Gesangsverstopfung?", ein anders Mal erklärte er einem Kandidaten "Eher heiratet dich der Papst, als das du Sänger wirst." Aussagen wie "Das klingt wie so ein halskranker Lurch" oder "Wenn Du mir versprichst, nie wieder zu kommen, sage ich nichts Böses ..." gehören bei Bohlen eher in die Kategorie "höflich", im Vergleich zu den Kraftausdrücken, die er gelegentlich ebenfalls verwendet. 2008 verhängte die Medienaufsicht gegen RTL ein Bußgeld in Höhe von 100.000 Euro, weil bei DSDS gegen den Jugendschutz verstoßen worden sei.
Experte oder Künstler?
Zu dem Prozess in Kassel war es gekommen, weil RTL sich geweigert hatte, für die Tätigkeit der Jury-Mitglieder die gesetzlich vorgeschriebene Abgabe für Künstler und Publizisten zu zahlen. Die Jury erbringe vorwiegend eine "Expertenleistung", eine künstlerische Darbietung sei nur nachrangig festzustellen, argumentierte der Privatsender.
Um sich ein umfassendes Bild über die künstlerische Leistung der populären Unterhaltungsshow zu machen, hatten sich die obersten Sozialrichter am Vortag acht DVDs mit Ausschnitten aus mehreren Staffeln der Casting-Show angesehen. Der Vorsitzende Richter Ulrich Hambüchen erklärte, man könne RTL keinen Glauben schenken, dass es sich bei der Jury nur um "Experten" handle.
So habe RTL ein Bohlen-Buch zu "Deutschland sucht den Superstar" herausgebracht, das den Titel "Meine Hammersprüche"» trage. Der Fernsehsender bewerbe die Bohlen-Sprüche zu den Gesangsleistungen von
vermeintlichen Nachwuchstalenten auch auf seiner Internetseite. Sprüche wie "Wenn du ins Meer rausschwimmen würdest, könntest du vielleicht als Heulboje arbeiten" hätten zu einer großen Fangemeinde
geführt.
Im Urteil wertete das Bundessozialgericht die Tätigkeit der Jury letztlich als eigenschöpferische Leistung. Die Juroren seien "keine außerhalb des Showgeschehens agierende Fachjury mit Expertenstatus", sondern wesentlicher Bestandteil des Konzeptes der Sendung. Die Tätigkeiten wiesen Elemente von Comedy, Satire, Improvisation und zielgruppengerichteter Fernsehunterhaltung auf und seien somit als Kunst zu werten.
mit Material von epd