Ein Schornsteinfeger bringt Glück, ein Hufeisen auch und natürlich ein vierblättriges Kleeblatt. Heinz Wolfinger bringt auch Glück. Der 56-Jährige leitetet seit 17 Jahren die Kundenbetreuung bei Lotto Hessen. Seine Abteilung ist für neue Lotto-Millionäre zuständig.
Im Grunde bringt Heinz Wolfinger das Glück nicht zu den Menschen, es kommt zu ihm. Hat ein Lottospieler in Hessen die berühmten sechs Richtigen getippt, klingelt meist schon früh am nächsten Werktag das Telefon in der Lotto-Zentrale in Wiesbaden. "Hausbesuche" macht Heinz Wolfinger bei den Gewinnern nicht, stattdessen wird ein Treffen in Wiesbaden vereinbart. In einem separaten Raum gibt Wolfinger den frisch gebackenen Millionären Tipps, wie sie mit ihrem neuen Reichtum umgehen sollen.
Das "Gewinnerzimmer" steckt voller Lotto-Utensilien. Drei voll funktionsfähige Ziehungsmaschinen stehen an den Wänden und würden sogar genutzt, wenn das aktuelle Ziehungsgerät im Main Tower in Frankfurt am Main einmal nicht einsatzbereit sein sollte. In einer Ecke steht ein Koffer mit den berühmten 49 Kugeln, allerdings nicht den echten, mit denen jeden Samstag gezogen wird. Sie sind letztlich nichts anderes als mit Zahlen bedruckte Tischtenniskugeln. Ansonsten ist die Einrichtung im "Gewinnerraum" eher nüchtern: Frische Millionäre nehmen auf einem schwarzen Ledersofa Platz.
"Stillhalten"
"Erst einmal stillhalten", rät Wolfinger allen Großgewinnern. Neues Haus, neues Auto und lange Reise seien sicher schön, doch sorge dies bei Bekannten schnell für den Verdacht, dass ein Lotto-Gewinn dahinterstecken könnte. "Und wenn erst mal bekannt ist, dass sie gewonnen haben, können sie sich vor neuen Freunden und Geldanfragen kaum noch retten", sagt Wolfinger. Mit dem neuen Ferrari bei der Firma vorzufahren und die Kündigung einzureichen, ist demnach alles andere als empfehlenswert. Um einen Gewinn zunächst geheimzuhalten, rät Wolfinger deshalb auch dazu, ein Konto bei einer Großbank in einer größeren Stadt einzurichten. "Das Bankgeheimnis ist bei einer Dorfbank manchmal nicht ganz so geheim."
Sein Beruf sei durchweg positiv, sagt Wolfinger. "Die Menschen, die ich betreue, befinden sich alle in einer Ausnahmesituation, wenn auch einer sehr angenehmen. Die Gewinner sind sehr dankbar, wenn man sich Zeit für sie nimmt und sie berät. Da entsteht auch eine Verbundenheit." Insofern übertrage sich durchaus etwas von dem "Glück der Glückspilze" auf ihn selbst, sagt Wolfinger. "Abgesehen davon bin ich aber ohnehin ein sehr positiv eingestellter Mensch."
Nur selten bekommt seine gute Laune einen Dämpfer, etwa wenn die Gewinnfreude eines Lottospielers eher ruppig ausfällt. "Was soll ich mit einem dritten Auto, in meiner Garage ist kein Platz mehr!", lautete der erzürnte Kommentar eines Lottospielers, dem alles andere als ein siebenstelliger Geldgewinn offenbar lästig erschien.
Glück durch Reiki
Besonders freut sich Wolfinger für Gewinner, denen das Geld aus einer finanziellen Krisensituation hilft. Einmal habe schon kurz nach sieben in der Frühe ein Mann im "Gewinnerzimmer" gesessen, berichtet er. "Es war sehr nervös und hielt die ganze Zeit den Lottoschein in der Hand, der schon völlig zerknittert war."
Weil die Lottoquoten erst später am Morgen bekanntgegeben wurden, wollte der Gewinner noch einen Spaziergang durch den Park machen. "Mit Mühe konnten wir ihn überreden, den Schein aus der Hand zu geben und in unseren Safe zu schließen." Zehn Millionen Euro hatte der Mann schließlich gewonnen. "Kurz zuvor war sein Sohn arbeitslos geworden und auch die eigene Stelle war bedroht."
Dass Geld glücklich macht, glaubt Wolfinger dennoch nicht. Und auch Neid auf die Gewinner empfindet er nicht. "Wenn Sie täglich mit hohen Summen umgehen, bekommen Sie ohnehin ein anderes Verhältnis zum Geld." Er selbst sei "sehr zufrieden", sagt Wolfinger. Unter anderem, weil er mit der Reiki-Philosophie für einen Ausgleich zum Alltag sorgt. "Glück kommt von innen und nur durch eine positive Einstellung."
Geld macht nicht glücklich
Ist das Geld auf dem Konto der Gewinner gelandet, hört Wolfinger nur noch selten etwas von ihnen. Manche bedankten sich noch mit einer Flasche Sekt oder einem Kuchen, berichtet der Lotto-Mann. "Wenn sie nichts mehr hören, ist das meistens gut", sagt Wolfinger. "In der Zeitung stehen meistens nur die Geschichten von denen, die ihr ganzes Vermögen wieder verloren haben."
Der Gewinnerbetreuer spielt selbst kein Lotto. "Aber meine Frau ist leidenschaftliche Spielerin. Wenn sie mal gewinnt, freue ich mich natürlich sehr", sagte Wolfinger. Doch auch wenn Geld allein nicht glücklich macht: "Finanzielle Unabhängigkeit ist zumindest ein Segen."