Berlin (epd). Der Fund mutmaßlicher Hilferufe von Arbeitern in Kleidungsstücken der Billigmodekette Primark wirft nach Einschätzung von Aktivisten ein weiteres Schlaglicht auf die nach wie vor unmenschlichen Zustände in der Textilproduktion. "Das ist nicht nur ein Hilfeschrei, sondern ein Appell an die Weltöffentlichkeit", sagte Berndt Hinzmann von der Kampagne für Saubere Kleidung dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Der Appell lautet: Schluss mit Fast Fashion!" Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die in Hosen und Kleidern eingenähten Botschaften echt seien, erklärte Hinzmann.
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Zuletzt hatte eine Kundin aus Nordirland über den Fund eines Zettels in einer Primark-Hose berichtet. Darauf beklagt sich der Verfasser offenbar aus einem chinesischen Gefängnis heraus, die Insassen würden unter katastrophalen Bedingungen gezwungen, Kleidung für den Export zu nähen. "Es ist definitiv so, dass in chinesischen Gefängnissen Kleidung produziert wird und das nicht nur von Primark", sagte Hinzmann.
Der Experte forderte Primark auf, nachzuweisen, dass die betreffenden Kleidungsstücke nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen oder sogar unter Zwang gefertigt worden seien. "Die Unternehmen müssen nun für Transparenz sorgen und die Verbraucher aufklären", sagte Hinzmann. "Und wenn sie das wegen ihrer zahlreichen Zwischenhändler nicht können, muss sich an den Businesskonzepten etwas ändern."
Die Modefirmen müssten ihr Kerngeschäft so umbauen, dass die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards sowie der Menschenrechte gewährleistet sei. Primark als einer der Branchenriesen habe dabei beträchtlichen Einfluss auf andere Modeketten wie etwa H&M. Auch die Politik muss nach Einschätzung des Aktivisten auf den neuerlichen Skandal reagieren. "Die Rahmenbedingungen müssen sich ändern, am besten auf EU-Ebene", sagte er. "Es muss Haftungspflichten für die Unternehmen geben, damit diese dauerhaft zur Einhaltung der Standards angehalten werden."
Punktuelle Initiativen - wie nach dem Einsturz der Rana-Plaza-Fabriken in Bangladesch mit mehr als 1.100 Toten - seien zwar positiv zu bewerten, reichten jedoch nicht aus. Primark hatte nach den jüngsten Berichten des britischen Senders BBC erklärt, man prüfe die Vorfälle. Die betreffenden Kleidungsstücke seien schon vor einigen Jahren verkauft worden. Der britisch-irische Textil-Discounter hat weltweit mehr als 250 Filialen, davon etwa zehn in Deutschland.