Vier Personen, zwei Schauplätze, ein Problem: Mehr braucht es nicht, um eine Geschichte zu erzählen. Mit Unterstützung von Gabriel Castaneda Senn hat der Österreicher Uli Brée, Autor unter anderem des wunderbaren Seniorenlustspiels "Die Spätzünder", eine Boulevardkomödie geschaffen, die dank ihrer spritzigen Dialoge und der großartigen Hauptdarsteller neunzig äußerst vergnügliche Minuten bietet.
Mutters orgiastisches Geschrei
Die Handlung beginnt mit einer Entdeckung: Iris (Andrea Sawatzki), Ende vierzig, findet durch Zufall raus, dass ihr Mann eine Andere hat. Die Nebenbuhlerin aus der Nachbarschaft ist jedoch nicht etwa jung und blond, sondern älter, weniger attraktiv und deutlich fülliger. Iris flüchtet zu ihrer Tochter (Anna Rot). Dabei stellt sich raus, dass Sandra der Mutter ihren Freund Hans (Axel Milberg) verschwiegen hat, und das, obwohl die beiden in knapp zwei Wochen heiraten werden. Iris reagiert exakt so, wie Sandra es geahnt hat: Hans, sogar noch ein paar Jahre älter als Iris, sei viel zu alt für ihre Tochter. Das hindert sie allerdings nicht daran, sich in Tobias (Manuel Rubey) zu vergucken, auch wenn Hans’ Sohn so alt ist wie ihre Tochter; prompt mokiert sich nun Sandra über den Altersunterschied.
Dank der Regie von Walter Weber und der beiden alten Hasen Milberg und Sawatzki ist "Meine Tochter, ihr Freund und ich" eine wunderbare, stets auf die Pointe ausgerichtete Komödie, die selbst gelegentliche Ausflüge ins Zotige verkraftet: Empört lauscht Sandra dem orgiastischen Geschrei, das ihre Mutter während des Liebesakts von sich gibt; dabei sind es Schmerzensschreie und das Ergebnis eine Bandscheibenvorfalls. Die daraus resultierenden Missverständnisse und entsprechend zweideutigen Dialoge machen ausgesprochen viel Spaß.
Die beiden jungen Darsteller können den Routiniers zwar naturgemäß nicht das Wasser reichen, aber das macht gar nichts; dank des Drehbuchs haben auch sie ihre großen Momente. Milberg und Sawatzki aber sind großartig: Er, weil er mit mimischem Minimalismus große Wirkung erzielt; sie, weil sie sich glaubwürdig vom verhuschten Mauerblümchen zur Femme fatale wandelt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Außerdem gibt es immer wieder herrliche Momente, deren Kurzweil oftmals weniger in ihrer Originalität als in ihrer Umsetzung liegt: etwa, wenn Tobias und Iris nach dem Konsum von Haschkeksen dank der optischen Verfremdung (Kamera: Volker Tittel) wie Relikte aus den Siebzigern wirken; oder wenn Hans die drei anderen in flagranti erwischt, weil Mutter wie Tochter bei Tobias Zuflucht gesucht haben. Nett auch, dass sich Hans, ein erfolgreicher Schriftsteller von Frauenromanen, immer wieder hartnäckig dagegen wehrt, Bücher für Frauen zu schreiben; ganz zu schweigen von den vielen kleinen Ideen am Rande, die den Film zu einem großen Vergnügen machen.