Feuer in Nürnberger Kirche: "Es sieht aus wie nach dem Krieg"

Foto: dpa/Daniel Karmann
Feuer in Nürnberger Kirche: "Es sieht aus wie nach dem Krieg"
Die evangelisch-reformierte Marthakirche in Nürnberg ist am frühen Donnerstagmorgen ein Raub der Flammen geworden. Von der kleinen Kirche stehen nur noch die Grundmauern. Sie droht einzustürzen. Die Ursache des Feuers ist unklar.
05.06.2014
epd
David Ganek und Jutta Olschewski

Bei einem verheerenden Luftangriff auf den Nürnberger Hauptbahnhof am Morgen des 21. Februars 1945 hatte das Dach der Sankt-Martha-Kirche einen Treffer abbekommen. Am Morgen des 5. Juni 2014 steht wieder ein Pfarrer vor dem zerstörten Gotteshaus in der Altstadt der fränkischen Metropole. Entsetzt sagt Dieter Krabbe: "Es sieht aus wie nach dem Krieg." Bei dem Brand in der Nacht zum Donnerstag ist der Dachstuhl vollständig eingebrochen, die beiden Glocken sind heruntergefallen, die Orgel ist geschmolzen.

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Wer vom Nürnberger Bahnhof einmal die Königsstraße entlang ins Zentrum gelaufen ist, der ist schon an der kleinen gotischen Kirche vorbeigekommen - und hat sie wahrscheinlich übersehen. Eine Häuserreihe nach hinten versetzt, ist das Portal des von außen unscheinbaren Gotteshauses nur durch einen schmalen, stets schattigen Hof zu erreichen.

Gotischen Glasfenster waren zum Glück ausgelagert

Am frühen Donnerstagmorgen spielten sich rund um die Kirche dramatische Szenen ab. Um 1.30 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert. Wegen der starken Rauchentwicklung in der gesamten Umgebung hatten die Rettungskräfte zunächst Mühe festzustellen, wo genau es brannte. Anwohner riefen um Hilfe, einige von ihnen mussten mit Drehleitern gerettet werden, da sie wegen des Rauches nicht mehr durch ihre Häuser ins Freie kamen. Ernsthaft verletzt wurde aber offenbar niemand. Die mehr als 80 Feuerwehrleute brauchten Stunden, um das Feuer unter Kontrolle zu bekommen.

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Glück im Unglück, dass die 1385 geweihte Kirche seit einiger Zeit umfassend saniert wird: Die wertvollen gotischen Glasfenster wurden im Zuge der Maßnahme vorsichtshalber ausgelagert, damit sie bei den Renovierungen nicht beschädigt werden, wie Krabbe erklärt. Sie wurden zunächst bei einer Spezialfirma in München überprüft und instandgesetzt, danach sollten sie zur Aufbewahrung ins bayerische Landesamt für Denkmalschutz kommen. Auch der Altar der Marthakirche war nach den Worten des Pfarrers so eingerüstet, dass er wohl gerettet werden kann.

Die Fenster stifteten in den Jahren 1390 bis 1410 die reichsten Nürnberger Patrizierfamilien, erzählt der Kirchmeister der reformierten Gemeinde, Walter Przibilla.  "Im Jahre 1526 wurde Sankt Martha im Zuge der Reformation entsakralisiert", berichtet er. Die Kirche diente fortan den berühmten Meistersingern von Nürnberg, allen voran Hans Sachs, als Probe- und Aufführungsraum - eine Tradition, die heute noch fortlebt, wenn die Musikhochschule hier probt. Im Jahre 1800 wurde Sankt Martha der Evangelisch-reformierten Gemeinde zur Nutzung übergeben. Sie ist eine von neun reformierten Gemeinden in Bayern.

Pfingstkollekte für die Geschwister von Sankt Martha

Die seit Jahren geplanten Baumaßnahmen waren notwendig, denn die über 600-jährige Geschichte der Kirche hat Spuren hinterlassen: Die Schäden an der Substanz seien beträchtlich und schon für den Laien erkennbar, erklärt der Baufachmann der Gemeinde, Thomas Pickl. Auch das jetzt abgebrannte Dachgebälk hätte dringend saniert werden müssen. Die Arbeiten an dem Gotteshaus sollten die umfassendsten der vergangenen 150 Jahre werden. Nach der Sanierung sollte das Gotteshaus wieder als Schmuckstück wahrgenommen werden, so Przibillas Hoffnung.

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Rund 1,5 Millionen Euro sollte die Sanierung kosten. Was jetzt auf die Gemeinde zukommt, kann Pfarrer Krabbe so kurz nach dem Unglück noch nicht sagen. Die Solidarität ist jedenfalls mindestens genauso groß wie die Betroffenheit: Für Donnerstagabend hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zu einem Solidaritätsgottesdienst an der Sankt-Martha-Kirche aufgerufen. In den Pfingstkollekten soll am Wochenende in allen Nürnberger Kirchen für die Marthagemeinde gesammelt werden, schlägt der regionale ACK-Vorsitzende Ekkehard Wohlleben vor.