Mit der Volksinitiative "Weniger Steuern für das Gewerbe" wollen die Jungliberalen im Schweizer Kanton Zürich die Kirchensteuerpflicht für Unternehmen kippen. Nach Nidwalden und Graubünden ist Zürich der dritte Kanton, in dem die Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen (Aktiengesellschaften, GmbH, aber auch Genossenschaften und Stiftungen) für intensive Diskussion sorgt. Mit einer Verfassungsänderung juristische Personen von der Kirchensteuer befreit werden. Die heutige Situation sei absurd, machen die Befürworter geltend. "Ein Unternehmen kann weder getauft noch beerdigt werden", und könne anders als natürliche Personen nicht aus der Kirche austreten, lautet ein Argument des Komitees "Ja zur Kirchensteuerinitiative".
###mehr-artikel###Das Schweizer Bundesgericht hatte mehrfach die Kirchensteuer für juristische Personen als mit der Verfassung vereinbar bewertet. Eine Änderung der Praxis sei nicht angezeigt, heißt es in einer Entscheidung aus dem Jahr 2000. Zudem wurde von der Rechtsprechung klargestellt, dass von der Steuerpflicht juristische Personen ausgenommen sind, die religiöse Zwecke verfolgen.
Widerstand gegen Kirchensteuer-Initiative
Gegen die Kirchensteuer-Initiative formierte sich in den vergangenen Wochen Widerstand. Ein Komitee, das für die Beibehaltung der Steuer wirbt, zählt nach eigenen Angaben mehr als 600 Mitglieder aus Gesellschaft, Wirtschaft, Kirchen und fast allen Parteien. Selbst prominente Liberale finden sich darunter. Michel Müller, Kirchenratspräsident der reformierten Landeskirche, und Generalvikar Josef Annen führen den gesamtgesellschaftlichen Nutzen der Kirchensteuer der juristischen Personen ins Feld. Mit den Geldern würden Angebote zur Hilfe für sozial Schwache und Benachteiligte sowie Beratung und Begleitung von Menschen in Not und in schwierigen Lebenssituationen finanziert. Könnten diese Leistungen für das Gemeinwohl nicht mehr von den Kirchen erbracht werden, müsste ein großer Teil von Kanton und Gemeinden aufgebracht werden.
In der Tat steht für die Kirchen viel auf dem Spiel. Die beiden großen Kirchen erhalten von der öffentlichen Hand insgesamt 556 Millionen Schweizerfranken (circa 455 Millionen Euro) im Jahr. Davon stammt mit 264 Millionen Schweizerfranken knapp die Hälfte aus den Kirchensteuern juristischer Personen. Fielen diese Gelder weg, hätte dies für die Kirchen massive finanzielle Folgen, wird die geltende Kirchenfinanzierung verteidigt.
Keine Auswirkung auf deutsche Kirchenfinanzierung
Für die deutsche Debatte über Kirchenfinanzierung bleibe die Volksabstimmung im Kanton Zürich ohne unmittelbare Auswirkung, sagt Geschäftsführer Stephan Klinghardt vom Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer. Da die Kirchen in der Schweiz die Unternehmens-Kirchensteuer nicht für "kultische Zwecke", sondern ausschließlich für gemeinnützige Aufgaben im öffentlichen Interesse einsetzen dürfen, werfe die Volksabstimmung die Frage auf, ob und inwieweit Kirchen in einer säkularen Gesellschaft durch öffentliche Mittel finanziert werden sollten.
Die eher wirtschaftsfreundliche "Neue Zürcher Zeitung" empfiehlt eine Ablehnung der Volksinitiative. Die Vorlage wolle durch die Hintertür der Steuersenkung eine Trennung von Kirche und Staat durchsetzen, kommentiert das Blatt. Gleichwohl blieben die Kirchen gefordert, ihre gesellschaftliche Rolle neu zu bestimmen.