Klimaforscher Reichholf: Umweltschutz in Deutschland trägt religiöse Züge

Foto: dpa/Orestis Panagiotou
Klimaforscher Reichholf: Umweltschutz in Deutschland trägt religiöse Züge
Der Münchner Klimaforscher Josef H. Reichholf sieht den Naturschutz in Deutschland von romantischen Bildern geprägt, die keine offene Auseinandersetzung mit Umwelt- oder Klimaveränderungen zulassen.

"Der Umweltschutz ist sehr dogmatisch ausgerichtet", sagte der Biologe am Freitag auf der Frankfurter Tagung "Politische Romantik" des Kulturstiftung des Bundes: "Das trägt teils religiöse Züge. Man muss glauben, was die Wissenden verbreiten."

###mehr-artikel###

So gelte es heute als falsch, sich über warme Winter zu freuen, sagte Reichholf, vor dem Hintergrund von Berichten des Weltklimarates (IPCC). Dieser hatte Ende März erneut vor vermehrten Hungersnöten und Bürgerkriegen infolge der Erderwärmung gewarnt. Reichholf betonte indes, "die warmen Zeiten waren für die Menschen die guten Zeiten, nicht die kalten". So hätten Kälteperioden wie die Kleine Eiszeit (14. bis Ende 18. Jahrhundert) aufgrund der höheren Anfälligkeit der Menschen zur stärkeren Verbreitung von Krankheiten geführt.

"Die Herausforderung unserer Zeit ist, den Klimawandel zu akzeptieren und ihn zu gestalten", sagte der Münchner Professor. Stattdessen werde versucht, den Status Quo zu erhalten. Wenn sich am gegenwärtig als Ideal betrachteten Zustand etwas ändere, werde dies als "Bildstörung" empfunden. "Es ist hoffnungslos zu glauben, wir könnten das Klima stabilisieren, wir müssen uns anpassen", so der Biologe und Tropenmediziner.

Auf der Tagung in Zusammenarbeit mit dem Freien Deutschen Hochstift, Träger des Frankfurter Goethehauses, diskutieren noch bis Samstag Wissenschaftler den Einfluss der Romantik auf die Politik.