Mindestlohn auf dem Weg - Kritik an Ausnahmen für Langzeitarbeitslose

Mindestlohn auf dem Weg - Kritik an Ausnahmen für Langzeitarbeitslose
Die Bundesregierung hat das Gesetz zum flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde auf den Weg gebracht. Am Mittwoch billigte das Kabinett das Tarifpaket von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Der Mindestlohn soll mit Einschränkungen ab 2015 gelten.

 Ab 2017 gilt er für alle Branchen. Von der Lohnuntergrenze dauerhaft ausgenommen werden Praktikanten, Jugendliche unter 18 Jahren, Auszubildende und Ehrenamtliche. Die Ausnahme von Langzeitarbeitslosen empört Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition.Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bezeichnete das Tarifpaket als "Wendepunkt". Der Wert der Arbeit sei in den vergangenen Jahren in Mitleidenschaft gezogen worden. "Gerechte Entlohnung ist eine Frage des Respekts für geleistete Arbeit", sagte Nahles. Sie bezeichnete die auf den Weg gebrachte Regelung als "das komplexeste und folgenreichste Arbeitsrechtegesetz seit Jahrzehnten".

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Sozialverbände und Gewerkschaften begrüßten den Mindestlohn. Sie äußerten sich jedoch empört zu der noch in letzter Minute zwischen Union und SPD erfolgter Einigung, Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr nach ihrem Wiedereinstieg in den Beruf auszunehmen. Dies öffne Missbrauch durch Unternehmen Tür und Tor, erklärte der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Auch die Diakonie, der Sozialverband Deutschland, der Sozialverband VdK und die Arbeiterwohlfahrt kritisierten die Ausnahme. Die Linkspartei warf Nahles vor, ihr Versprechen eines flächendeckenden Mindestlohnes gebrochen zu haben.

Die Caritas forderte dagegen Änderungen in die andere Richtung. Der Präsident des katholischen Wohlfahrtverbandes, Peter Neher, sagte, der Mindestlohn berge die Gefahr, dass für Jugendliche nach der Schule ein Job attraktiver sei als eine Ausbildung. Er plädierte für eine Altersgrenze von 21 Jahren statt wie geplant 18 Jahren für den Mindestlohn.

Neher: Praktika ausnehmen

Zudem sprach er sich dafür aus, Praktika für eine Dauer von drei Monaten vom Mindestlohn auszunehmen. Nach dem Plan von Nahles werden freiwillige Praktika nur mit einer Dauer von sechs Wochen von der Untergrenze ausgenommen. Einzig Pflichtpraktika im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium dürfen länger sein und trotzdem geringer bezahlt werden. Nahles will damit nach eigenen Worten die "Generation Praktikum" beenden.

Neben den dauerhaften Ausnahmen gelten dem Entwurf zufolge für eine Übergangszeit von zwei Jahren auch Ausnahmeregelungen für Branchen, in denen Untergrenzen unter 8,50 Euro gelten. Das betrifft beispielsweise Teile der Landwirtschaft sowie Zeitungszusteller. Nahles will mit den Branchen nach eigenen Worten Gespräche führen über die Frage, wie auch dort ab 2017 der flächendeckende Mindestlohn eingeführt werden kann. Spätestens dann soll es keine Branchenausnahmen mehr geben.

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Das Tarifpaket sieht außerdem eine Änderung der sogenannten Allgemeinverbindlicherklärung vor. Bisher kann ein Tarifvertrag, der zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt wurde, nur dann für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn er für mindestens 50 Prozent der Beschäftigten in der betreffenden Branche gilt. Das Quorum soll nun gestrichen und durch ein "konkretisiertes öffentliches Interesse" ersetzt werden.

Das Gesetz soll nach Angaben von Nahles vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden. Im Herbst muss dann noch der Bundesrat zustimmen. 2015 könnten nach Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums 3,7 Millionen Menschen durch den Mindestlohn von einem höheren Einkommen profitieren.