Der Bischof und der rosa Preis

Reverend Kim Hao Yap (Mitte) bei der Verleihung der Pink Asia Awards.
Foto: Michael Lenz
Reverend Kim Hao Yap (Mitte) bei der Verleihung der Pink Asia Awards.
Der Bischof und der rosa Preis
Reverend Kim Hao Yap (85) ist methodistischer Bischof im Ruhestand, er lebt in Singapur. Die homosexuelle Community in dem Stadtstaat feiert Yap als ihren Helden: Für seinen Einsatz gegen Diskriminierung hat der Bischof den Pink Asia Award erhalten - einen Preis, über den er sich sehr freut.

Die meisten Gäste bei der Verleihung der ersten Pink Asia Awards in Singapur sind Männer zwischen 35 und 45. Unter ihren maßgeschneiderten Anzügen und den perfekt gebügelten Hemden zeichnen sich deutlich die Erfolge von jahrelangem Training in Sportstudios ab. Die jungen asiatischen, offen schwulen Herren sind Banker, Anwälte, Kreative und Marketinggenies mit dem Lebensmotto "hart arbeiten, hart feiern". Sie alle applaudieren frenetisch einem Mann, der ganz anders ist als sie, der dem modernen, hedonistischen, urbanen Lifestyle völlig entgegensetzte Werte vertritt und lebt, der alt ist und dessen Körper nicht gestählt wirkt: Reverend Kim Hao Yap, Bischof im Ruhestand der Methodisten Kirche und seelsorgerlicher Berater der Free Community Church (FCC) in Singapur. Das aktive Eintreten für die gesellschaftliche Akzeptanz Homosexueller verbindet die jungen Leute und den alten Bischof.

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Reverend Yap ist einer der Preisträger des Pink Asia Award, mit dem das schwul-lesbische Onlinemagazin Element erstmalig Asiaten auszeichnet, die sich für die gesellschaftliche Anerkennung Schwuler, Lesben und Transsexueller in Asien einsetzen. Als wohl einziger hochrangiger Leiter einer Religion im Fernen Osten, der gesellschaftspolitisch und theologisch für die Rechte Homosexueller streitet, gilt der 85-jährige der asiatischen Gay Community als Held.

Yap ist mit seiner Ehefrau zur Preisverleihung gekommen. Den Preis – ein Plexiglaskubus mit eingravierter Blume – nimmt er strahlend entgegen. "Als Goh Chok Tong (ehemaliger Premierminister von Singapur, Anm. d. Red.) vor über zehn Jahren sagte, Homosexuelle würden ab sofort im öffentlichen Dienst akzeptiert, habe ich für mich entschieden, mich für diese unterdrückte Gruppe einzusetzen", sagt Yap in seiner kurzen Dankesrede. Wieder brandet Jubel auf.

Yap erschien zum schwul-lesbischen Gottesdienst

Seit den Worten von Goh ist das Leben für Singapurs Gay Community einfacher geworden. Bars und Clubs für Schwule und Lesben werden akzeptiert; die Aidshilfe Action for Aids und die schwul-lesbische Beratungsstelle Oogachaga werden von den Behörden als kompetente Partner geschätzt; seit fünf Jahren darf jedes Jahr Ende Juni an der Speakers Corner im Hong Lim Park in Chinatown der "Pink Dot", eine Art CSD, stattfinden. Andererseits ist – als Relikt der britischen Kolonialzeit – Homosexualität in dem Stadtstaat weiterhin kriminalisiert, auch wenn das Gesetz nicht mehr angewendet wird.

Reverend Miak Siew ist der erste offen schwule Priester Südostasiens

Eine Folge des offenen Worts von Goh war der erste halböffentliche, von Reverend Yap zelebrierte Gottesdienst der Gruppe schwul-lesbischer Christen Safehaven in der Galerie Utterly Art in Chinatown im Herbst 2003. Demonstrativ war Yap zu diesem Ereignis in Begleitung seiner Frau, einer Tochter und seines ältesten Enkels erschienen. Sein Engagement fasste der Vater von vier Kindern damals in seiner Predigt mit prägnanter Einfachheit zusammen: "Gott wollte Platz für Farbige und Frauen in seiner Kirche, jetzt sind die Schwulen und Lesben dran."

Miak Siew, seinerzeit Manager in einem Logistikunternehmen, erinnert sich an diesen Gottesdienst genau. "Wir waren damals eine Untergrundorganisation", sagt Siew, der erste offen schwule Priester Südostasiens, der 2011 ordiniert wurde. Heute leitet er die aus Safehaven hervorgegangene Free Community Church. Über Reverend Yap sagt Siew mit sichtlichem Stolz: "Er ist mein Mentor."

Der Regenbogen im Fernen Osten

Ob als einfacher Priester, ob als Bischof der Methodisten oder in seiner Zeit als Generalsekretär der Christian Conference of Asia – sein ganzes priesterliches Leben hat Yap gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte gestritten. Zwei Erlebnisse haben ihn geprägt: Während des Zweiten Weltkriegs war Yap in seiner Heimatstadt Ipoh (im heutigen Malaysia) von Soldaten der japanischen Besatzungsmacht brutal zusammengeschlagen worden. Seitdem ist sein rechtes Bein verkrüppelt. "Ich war mir keines Vergehens bewusst. Vielleicht wollten sie nur ihre sadistische Lust befriedigen und ich war das unglückliche Opfer. Das war meine erste Erfahrung von Ungerechtigkeit." Später, während seines Studiums der Theologie in Boston, wurde Yap Zeuge des Aufstands der Schwarzen unter der Führung von Martin Luther King gegen die Rassendiskriminierung. Darüber sagt Yap: "Das hat mir gezeigt, dass man Ungerechtigkeiten nicht einfach hinnehmen muss."

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Bei seinem Einsatz für Schwule, Lesben und Transsexuelle steht der Bischof in der religiösen Welt Singapurs alleine da. Kein einziger leitender Geistlicher – gleich ob Christ, Buddhist, Taoist, Muslim oder Hindu – in der multireligiösen Stadtrepublik unterstützt ihn. "Ich erlebe viele Anfeindungen", sagt Yap mit einem Lächeln. "Keine der Religionen hier hat wenigstens ein seelsorgerliches Angebot für diese Menschen." Deshalb seien in der FCC Schwule und Lesben aller Religionen willkommen. Yap sagt lapidar: "Man muss nicht Christ sein oder als Christ einer bestimmten Kirche angehören um Gott zu preisen." Seinen christlichen Priester- und Bischofskollegen wirft er vor, zum Thema Homosexualität die Bibel falsch zu interpretieren. "Sie spiegelt die soziale und politische Realität der damaligen Zeit vor dem Hintergrund der römischen Besatzung (des Heiligen Landes) wieder. Die Römer galten aus Sicht der Christen als Heiden, von denen man sich abgrenzen wollte."

Die Länder Asiens sind islamisch, buddhistisch oder wie die Philippinen erzkatholisch. Königreiche existieren neben kommunistischen Einparteienstaaten wie Laos, Vietnam und China. Schwule, Lesben und Transsexuelle erfahren Diskriminierung und Stigmatisierung. Die Auszeichnungen bei den Pink Awards für schwul-lesbische Aktivisten aus vielen Ländern Asiens zeigen aber, dass der Regenbogen auch über dem Fernen Osten aufgeht.

"Keiner meiner Freunde hat mich verstanden"

Neben Yap wurden schwule Aktivisten aus Laos, aus der Volksrepublik China, aus Hongkong, aber auch der Menschenrechtsanwalt M. Ravi aus Singapur geehrt. Unter den Preisträgern waren auch internationale Banken, die seit vielen Jahren intern durch eine Politik der Inklusion und extern durch das Sponsoring von CSDs in Singapur, China, Indien und Taiwan die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexuellen vorantreiben. "Grundlage sind die Gleichheitsprinzipien unserer Zentralen in den USA oder in London", betont Preisträger Paul Choi von Goldman Sachs Asia. Dass die Veranstaltung – wenn auch offiziell als privates Event deklariert, sicher ist sicher – in Singapur stattfinden kann, ist auch das Verdienst von Reverend Yap. "Wir haben in den letzten zehn Jahren einiges erreicht und in weiteren zehn Jahren wird Singapur eine noch offenere Gesellschaft sein."

Über die Pink Asia Awards freut sich Yap sehr. "Dass so viele Menschen ausgezeichnet werden, bedeutet doch, dass es inzwischen in den asiatischen Ländern in allen gesellschaftlichen Bereichen Verbündete gibt – in der Religion, unter Juristen, in der Wirtschaft." Das wichtigste aber sei, dass in Asien immer mehr Schwule, Lesben und Transsexuelle aus allen Lebensbereichen sichtbar würden. "Keiner meiner Freunde hat anfangs verstanden, warum ich plötzlich für diese unterdrückte Minderheit eingesetzt habe. Sie kannten keine Schwulen und Lesben. Als sie aber Schwule und Lesben kennenlernten, veränderte sich ihre Einstellung."

Der Reverend spricht aus eigener Erfahrung. Freimütig gibt er zu: "Wie viele Menschen bin ich ein Produkt der Geschichte und der Kultur, in die man hineingeboren wurde... Über Homosexualität wurde nicht offen gesprochen. Fehlinformationen führten zu Missverständnissen. Wie die meisten Menschen damals war ich schlichtweg homophob."