Ein diplomatischer Drahtseilakt

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Ein diplomatischer Drahtseilakt
Bei Versuchen zur Lösung der Krim-Krise dreht sich alles um das "Wie"
Die Vorzeichen für Gespräche sind denkbar schlecht: Russland erkennt die ukrainische Regierung nicht an, Kiew wiederum wirft Moskau einen Bruch des Völkerrechts vor. Bei der Vermittlung zwischen beiden Seiten ruhen nun viele Hoffnungen auf der OSZE.
04.03.2014
epd
Marc Engelhardt

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier macht Druck: Eine schnelle diplomatische Lösung der Ukraine-Krise mahnte er am Dienstag an, möglichst in den kommenden 48 Stunden. Doch bis jetzt könne er noch nicht signalisieren, "dass wir auf dem Weg sind zu einem internationalen Prozess, einer Kontaktgruppe, einem Format, in dem Russland und Ukraine beide miteinander sprechen und verhandeln können", sagte Steinmeier in Genf. Diesen Prozess zu definieren ist ein Drahtseilakt - die hohe Kunst der Diplomatie.

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Vor allem geht es um das "Wie": In welchem Rahmen können Russland und die Ukraine miteinander verhandeln, ohne dass eine Seite schon mit Aufnahme der Gespräche das Gesicht verliert? Moskau erkennt die derzeitige ukrainische Regierung schließlich nicht an, spricht von einem Staatsstreich in Kiew. Die Regierung dort wirft der russischen Regierung hingegen wegen der faktischen Besetzung der Krim einen Bruch des Völkerrechts vor und sträubt sich deshalb, mit Moskau zu sprechen.

Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter, will deshalb eine internationalen Kontaktgruppe gründen. In ihr sollten alle betroffenen Staaten vertreten sein, sagte Burkhalter am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat - welche genau das sind, dürfte Gegenstand weiterer Verhandlungen sein. Der OSZE, auf dem Höhepunkt des kalten Kriegs 1975 in Helsinki als Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gegründet, gehören außer dem Kosovo alle Staaten Europas an, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, dazu die USA, Kanada und die Mongolei. Ziel der Organisation ist - neben dem Wiederaufbau nach Konflikten - die Sicherung des Friedens.

Versöhnung? Allenfalls Gerechtigkeit

Nicht nur deshalb eignet sich die OSZE von allen internationalen Organisationen womöglich am besten für die Aufgabe, Russland und die Ukraine an einen Tisch zu bringen. Die OSZE hat eine lange Tradition bei der Vermittlung zwischen Ost und West, um die es im Kern bei der Lösung der Ukraine-Krise geht. Sie ist vergleichsweise klein und flexibel, derzeit politisch unbelastet und zuletzt nahezu unwichtig geworden. Die OSZE wäre wohl kein mächtiger Mitspieler bei Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine, sondern reiner Mediator. Bei den Vereinten Nationen teilen zumindest nicht alle diese Ansicht.

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Entscheidungen bei der OSZE fallen zudem einstimmig. Das dürfte Russlands Ängste beschwichtigen, vom Westen zu einer Lösung gedrängt zu werden, die Moskau später bereuen könnte. Diese Angst ist besonders groß, nachdem das von Deutschland, Frankreich und Polen vermittelte Abkommen zwischen der ukrainischen Opposition und dem moskautreuen Präsidenten Viktor Janukowitsch über die Bildung einer Einheitsregierung aus russischer Sicht gebrochen wurde. Das Abkommen vom 21. Februar ist für die Russen Dreh- und Angelpunkt von Verhandlungen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow verlangte am Montag von der Ukraine, es in allen Punkten umzusetzen - inklusive der Entwaffnung oppositioneller Gruppen.

Die ebenfalls diskutierte Entsendung einer Beobachtermission im Rahmen der OSZE scheint Russland dagegen abzulehnen. Und auch unter einem anderen Dach dürfte die Gründung einer solchen Mission schwierig werden. Denn der Untersuchungsgegenstand rührt an den Kern des Konflikts: Die ukrainische Regierung würde wohl gerne die mutmaßlichen Völkerrechtsverstöße Russlands, Moskau die mutmaßlichen Menschenrechtsverstöße der Kiewer Demonstranten untersucht haben. Versöhnung brächte eine solche Mission also kaum - sondern allenfalls Gerechtigkeit.

Wie schwierig die zu erlangen ist, zeigt der Fall der Unabhängigen Untersuchungskommission für Syrien, die am Mittwoch ihren jüngsten Bericht vorlegt. Seit Gründung der Kommission im August 2011 hat diese keine Einreisegenehmigung für Syrien erhalten. Die Berichte, die der Ausschuss auf Grundlage der Aussagen von Flüchtlingen und anderen Quellen erstellt, sind dennoch erschreckend - doch Einflussmöglichkeiten, die Situation zu verbessern, hat die Kommission nicht. So scheitert die Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofs trotz aller Dokumentationen bis heute am UN-Sicherheitsrat.