"Ein freiwilliger Verzicht der Kirche auf die Staatsdotationen würde der Glaubwürdigkeit gut tun und die zukünftige Sicherstellung der übrigen Finanzierungsformen erleichtern", schreibt der in Mainz lehrende Theologieprofessor in einem Beitrag für die Zeitschrift "Herder Korrespondenz".
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Angesichts einer fragwürdigen moralischen Legitimationsgrundlage der staatlichen Zahlungen werde deren Akzeptanz bei den Bürgern und politischen Parteien weiter abnehmen. "Es besteht sogar die Gefahr, dass auch andere Formen der Kirchenfinanzierung in diesen Strudel mit hineingezogen werden", warnt der Professor für Christliche Anthropologie und Sozialethik. Vor diesem Hintergrund wäre es Kruip zufolge aus moralischen Gründen richtig und politisch-strategisch klug, dass sich die Kirchen aktiv um eine Ablösung der historisch begründeten Rechte bemühten und dabei zu großzügigen Verzichten bereit seien. Für "vollkommen illusorisch" hält der Sozialethiker eine Ablösung der Dotationen über eine Einmalzahlung, die mehr als 15 Milliarden Euro betragen müsste.
460 Millionen Euro zahlen die Länder den Kirchen
Ein von Kruip unterbreiteter Kompromissvorschlag sieht vor, dass als Ausgleich für den kirchlichen Verzicht auf die Staatsleistungen die Kostenerstattung für den staatlichen Einzug der Kirchensteuer auf ein Prozent des Aufkommens reduziert wird. Derzeit zahlen die Kirchen für den Einzug an den Staat zwischen zwei und vier Prozent des Kirchensteueraufkommens. Über die verringerte Kostenentschädigung könnten für die katholische Kirche bereits 100 Millionen der wegfallenden etwa 250 Millionen euro Staatsdotationen ausgeglichen werden, argumentiert der Theologieprofessor. Die verbleibende Belastung von 150 Millionen Euro sei für die katholische Kirche verkraftbar. Für diesen Betrag sollte sie einen Verzicht anbieten.
Die Zahlungen der Bundesländer von derzeit jährlich 460 Millionen Euro an die beiden Kirchen gehen auf die Enteignung kirchlicher Güter im 19. Jahrhundert zurück. Bereits die Weimarer Reichsverfassung von 1919 hatte die Ablösung der Staatsleistungen vorgesehen. Dieser Passus wurde ins Grundgesetz übernommen. Dabei wird davon ausgegangen, dass zur Ablösung eine Einmalzahlung in Milliardenhöhe fällig würde. Im Zuge der Debatte über den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst waren auch die Staatsleistungen erneut in die Kritik geraten. Beide großen Kirchen haben grundsätzlich ihre Bereitschaft erklärt, über die Ablösung der Staatsleistungen zu verhandeln.