Pflegekräfte, die Kommunen und Pflegekassen dringen gemeinsam auf schnelle Reformen. Zum Auftakt des ersten Deutschen Pflegetags am Donnerstag in Berlin erklärten alle Seiten, Pflege müsse als Top-Thema auf die politische Agenda. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern sie die Politik auf, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und mit dem lange angekündigten Umbau der Pflegeversicherung zügig zu beginnen.
Der Pflege würden bis 2017 insgesamt sechs Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt, erklärte der neue Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor den Teilnehmern des Kongresses, der noch bis zum Samstag dauert. Das entspräche einem Fünftel des Budgets der Pflegeversicherung von derzeit rund 23 Milliarden Euro. Union und SPD wollen dafür den Beitragssatz um 0,5 Prozentpunkte erhöhen, im ersten Schritt um 0,3 Prozentpunkte zum Beginn des kommenden Jahres.
Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt
Gröhe kündigte an, von den Mehreinnahmen von 3,6 Milliarden würden 1,2 Milliarden in den vereinbarten Vorsorgefonds für die steigenden Ausgaben der Pflegeversicherung fließen. Weitere 2,4 Milliarden Euro wolle die Koalition in kurzfristige Leistungsverbesserungen investieren.
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Zum Kernstück der geplanten Pflegereform - dem Umbau der Pflegeversicherung zugunsten der Demenzkranken - äußerte sich Gröhe nur vage. Er sagte, am Schluss müsse eine Verbesserung stehen. Er legte sich aber nicht auf einen Zeitplan fest.
In Deutschland haben rund 2,5 Millionen Menschen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Zwei Drittel werden zu Hause gepflegt. Bis 2030 soll die Zahl der Pflegebedürftigen um eine Million steigen, bis 2050 soll sie sich Prognosen zufolge auf 4,5 Millionen erhöhen. Pflegebedürftigkeit umfassender zu verstehen und die Hilfen anders zu organisieren und finanzieren, wird seit Jahren gefordert. Wenn dadurch kein Pflegebedürftiger schlechter gestellt werden soll, kostet die Reform nach Angaben zweier Regierungsbeiräte zwischen zwei und sieben Milliarden Euro.
Jede Familie ist betroffen
Der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, forderte einen "nationalen Aktionsplan für die Pflegenden". Ohne professionelle Pflege seien die Herausforderungen der alternden Gesellschaft nicht zu bewältigen. Bereits 2025 fehlten schon 150.000 Pflegekräfte, wenn sich nichts ändere. Im Pflegerat haben sich die wichtigsten Berufsverbände zusammengeschlossen.
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Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), erklärte, Union und SPD hätten vereinbart, dass ab dem kommenden Jahr bis zu 45.000 Betreuungskräfte eingestellt werden sollen, die sich um die alltägliche Begleitung alter Menschen kümmern. Die Pflege sei das "Mega-Thema des Jahrhunderts". Jede Familie sei betroffen. Hier entscheide sich, so Spahn, "wie wir mit den Herausforderungen des demografischen Wandels umgehen".
Der Deutsche Pflegetag soll künftig jedes Jahr stattfinden. Er wird vom GKV-Spitzenverband unterstützt und vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie der AOK mitorganisiert, bei der die Hälfte aller Pflegebedürftigen versichert sind.