Debatte über Armutszuwanderung geht weiter

Debatte über Armutszuwanderung geht weiter
Forderungen aus der CSU zur Eindämmung angeblicher Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien sorgen weiter für Debatten in der Regierungskoalition. Das SPD-geführte Arbeitsministerium widersprach der Sorge, mit der Arbeitsnehmerfreizügigkeit zum 1. Januar würde es eine verstärkte Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme geben. Eine Sprecherin sagte am Montag in Berlin, nach den Erfahrungen der Vergangenheit sei nicht mit erheblichen Auswirkungen durch die Änderungen zu rechen.

Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert sagte indes, für die Bundesregierung sei die Freizügigkeit eine der zentralen europäischen Errungenschaften. Gegen den Missbrauch von Sozialleistungen müsse und werde man sich aber wehren.

Hintergrund der Diskussion ist eine von der CSU-Landesgruppe im Bundestag vorbereitete Beschlussvorlage für die Klausur in Wildbad Kreuth. In dem Papier, in dem es um die Unterstützung der Kommunen geht, werden Maßnahmen gegen angeblichen Sozialleistungsbetrug durch EU-Zuwanderer gefordert. Unter anderem werden ein Sozialleistungsstopp und Wiedereinreisesperren vorgeschlagen.

Korte warf CSU "üble Hetze" vor

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Die Opposition im Bundestag kritisierte das Papier am Montag scharf. Der Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Jan Korte, warf der CSU "üble Hetze" vor. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bezeichnete es als Stimmungsmache gegen Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien.

Ab dem 1. Januar gilt für Rumänen und Bulgaren Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Sie brauchen dann keine gesonderte Genehmigung mehr, um in Deutschland leben und arbeiten zu können. Bereits in der Vergangenheit fielen etliche Schranken für Menschen aus diesen Ländern. Hochschulabsolventen, Facharbeiter und Auszubildende konnten nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bereits ohne gesonderte Genehmigung in Deutschland arbeiten. Von den Änderungen zum 1. Januar seien daher vor allem Geringqualifizierte betroffen, sagte eine Sprecherin.

Ministerium sieht Zuwanderung auch gelassen entgegen

Wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Frage der Linksfraktion hervorgeht, sieht das Ministerium der Zuwanderung auch gelassen entgegen. Aus dem Papier, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" (Montagsausgabe) zitierte und das dem epd vorliegt, geht hervor, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bulgaren und Rumänen in Deutschland stärker gestiegen ist als die Zahl der Zuwanderer aus beiden Ländern.

Insgesamt lebten demnach Ende Oktober rund 260.000 Rumänen und 145.000 Bulgaren in Deutschland. Ihr Anteil an den Beziehern von Sozialleistungen wie Hartz IV ist gering. Gerade einmal 0,3 Prozent aller Hartz-IV-Bezieher zum Stichtag im Juli kam aus Bulgarien oder Rumänien. Wie aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums weiter hervorgeht, mussten zudem nur rund 1.300 Bulgaren und 780 Rumänen zusätzlich zu selbstständiger Arbeit Sozialleistungen beziehen. Die Gesamtzahl der in Deutschland lebenden selbstständigen Aufstocker liegt bei rund 128.000.

Andor: Deutschland wird profitieren

In dem Papier wird allerdings auch eingeräumt, dass ein Teil der Zuwanderer in besonders betroffenen Kommunen zu einer Verschärfung der Probleme beitrage und Hilfseinrichtungen wie etwa Obdachlosenheime belaste. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bekräftigte daher auch am Montag ihre Forderung. Es brauche eine Handhabe gegen "diejenigen Zuwanderer, die missbräuchlich Leistungen in Anspruch nehmen und damit unser Sozialsystem ausnutzen wollen", sagte sie in Berlin.

EU-Sozialkommissar Laszlo Andor geht indes davon aus, dass Deutschland von den Zuwanderern profitieren wird. Er sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Montagsausgabe), der Zuzug werde "bemerkenswert positive wirtschaftliche Auswirkungen haben und zu Wohlfahrtsgewinnen in Deutschland führen". Er verwies dabei auf den Fachkräftemangel in einigen Branchen.