Die vollen Kirchen an Heiligabend spiegeln nach Ansicht des rheinischen Präses Manfred Rekowski die Sehnsucht vieler Menschen nach Glauben. Viele der sogenannten "Weihnachtschristen", die nur an Weihnachten eine Kirche besuchen, seien durchaus Christen, sagte der evangelische Theologe der in Berlin erscheinenden "Welt am Sonntag". "Sicher suchen viele die Alle-Jahre-wieder-Stimmung, die alten Lieder, die Krippe, den geschmückten Tannenbaum. Aber ebenso sicher suchen viele noch mehr. Und das bekommen sie auch - nämlich die Botschaft von Weihnachten."
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Über diese Menschen dürfe man weder spotten noch urteilen, betonte Rekowski. "Wir freuen uns über die vielen Menschen, die zusätzlich zu unserem Stammpublikum die Kirche besuchen." Die Gemeinden sollten diese seltenen Besucher nicht beschämen oder verwirren, sondern mit offenen Armen empfangen. "Unsere Grundhaltung sollte, sagen wir mal, kundenfreundlich sein", erläuterte der leitende Theologe der zweitgrößten evangelischen Landeskirche. "Dazu gehört auch, dass wir Wiedererkennungseffekte schaffen und die alten Hits wie 'Stille Nacht' und am Ende 'Oh du fröhliche' spielen."
In ihren Predigten sollten die Pfarrerinnen und Pfarrer auch nicht ethische oder politische Forderungen zur Weltwirtschaftsordnung oder zum Weltklima in den Mittelpunkt stellen, empfahl Rekowski. "Wir sind nicht die Retter der Welt, sondern feiern den Retter der Welt." Weltverantwortung sei ein für Christen unaufgebbares Thema, "aber gerade an Weihnachten darf man die Leute nicht damit überfahren". Die Menschen müssten vielmehr merken, dass die christliche Botschaft etwas mit ihrem alltäglichen Leben zu tun habe, unterstrich der Theologe. "Gott nimmt uns an, wie wir sind. Er ist zu uns gekommen und jedem Menschen in jeder Lage nahe."