Die Schmerzbehandlung bei der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen sei nach seinen Informationen in der großen Mehrzahl der Fälle nach wie vor "hoffnungslos unzulänglich", sagte Merkel in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das treffe vor allem auf Neugeborenenbeschneidungen zu, also vor allem bei jüdischen Jungen. Merkel forderte einen zusätzlichen Absatz im Beschneidungsgesetz, um dies zu verbessern.
Darin solle das Bundesgesundheitsministeriums damit beauftragt werden, eine Verordnung zu erlassen, "die präzise ausbuchstabiert, wie die medizinischen Regeln - vor allem die der Anästhesie und die Sterilitätsbedingungen - genau aussehen, die bei einer Beschneidung zu beachten sind". Merkel, der auch Mitglied im Ethikrat ist, bezeichnete die bisherige Regelung, die religiös motivierte Beschneidungen erlaubt, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausgeführt werden, als zu undeutlich.
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"Sie wird dazu noch konterkariert durch die Regelung, die eine jüdische Beschneidung durch einen religiösen Beschneider, den Mohel, erlaubt", erklärte Merkel. Nur einem Mohel, der zugleich eine spezielle ärztliche Ausbildung hat, sollte der Eingriff erlaubt sein, sagte Merkel. Zudem forderte er eine Meldepflicht für schwere gesundheitliche Folgen nach Beschneidungen, die zwar selten seien, aber dennoch vorkämen. Dies zeigten zwei Fälle in den vergangenen Jahren, bei denen es zu Penisamputationen gekommen sei. "Bislang gibt es keinerlei empirische Daten über solche schweren Schadensfälle", sagte der Jurist.
Der Bundestag hatte vor einem Jahr, am12. Dezember 2012, ein Gesetz verabschiedet, das Beschneidungen auch aus anderen als medizinischen Gründen erlaubt. Der Gesetzgeber wollte damals nach einem Urteil, das den Eingriff als Körperverletzung wertete, Rechtssicherheit für Juden und Muslime schaffen. In beiden Religionen gehört Beschneidung von Jungen zur Tradition.
Merkel erneuerte seine Kritik an dem Gesetz. "Es gibt keine Freiheit, die ein unmittelbares Eingreifen in den Körper nicht einwilligungsfähiger Anderer erlaubt. Das betrifft auch die Religionsfreiheit", sagte er. Eine mögliche Rechtfertigung des Eingriffs aus dem Elternrecht stehe zwar auf einem anderen Blatt. Aber Elternrechte seien keine Freiheitsrechte. Sie dienten auch und vor allem dem Interesse des Kindes.
Zugleich habe er ein gewisses politisches Verständnis für das Gesetz, ergänzte Merkel. "Deutschland hat aufgrund seiner Geschichte fraglos eine besondere Verpflichtung gegenüber der jüdischen Gemeinschaft", sagte er.