Liberale muslimische Forscher und Theologen weisen auf eine lange Tradition homosexueller Beziehungen in der islamischen Kultur hin. Viele Muslime wüssten das nicht mehr und lehnten Homosexualität massiv ab, sagte der Berliner Koranforscher Andreas Ismail Mohr bei einer Podiumsdiskussion des Liberal-Islamischen Bundes (LIB) am Freitagabend in Köln. Anspielungen auf die Liebe zwischen Männern seien ein wichtiges Thema arabischer, persischer und türkischer Dichtung. Lesbische Liebe sei dagegen nicht thematisiert worden.
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Mohr rief zu einer genauen Lektüre der heiligen Texte auf. Die Koranstelle, die als Quelle für ein Verbot homosexueller Praktiken herangezogen werde, sei nur vage formuliert. Der muslimische Wissenschaftler bezog sich dabei auf die Lot-Geschichte des Koran, die der biblischen Erzählung von Sodom und Gomorrha ähnelt.
Auch Transsexuelle haben nach Angaben der Bayreuther Religionswissenschaftlerin Leyla Jagiella traditionell einen festen Platz in islamisch geprägten Ländern. Seit Jahrhunderten gebe es Nischen für Menschen, die nicht in die Zweiteilung von Mann und Frau passten. In Südasien, wo viele Muslime leben, werde das als Gott gewollt akzeptiert. Moderne islamische Bewegungen könnten mit solchen Mehrdeutigkeiten jedoch nicht umgehen und bekämpften diese, kritisierte die muslimische Forscherin.
Der Liberal-Islamische Bund wurde 2010 gegründet, um die Diskussion unter Muslimen zu fördern. Der Verein will nach eigenen Angaben auch Standpunkte öffentlich machen, die von den eher konservativen Moscheeverbänden nicht vertreten werden.