Drei Tage nach dem verheerenden Taifun Haiyan auf den Philippinen hat Präsident Benigno Aquino den nationalen Notstand ausgerufen. Hunderttausende Menschen warteten am Montag dringend auf Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente und Zelte. Über die schwer verwüstete Stadt Tacloban auf der Insel Leyte wurde nach Plünderungen eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Polizei und Militär sollen für Sicherheit und Ordnung sorgen.
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In einer Fernsehansprache rief Staats- und Regierungschef Aquino dazu auf, die Rettungsmaßnahmen zu verstärken und zu beschleunigen. Teilweise laufe die Hilfe schleppend, weil es keinen Strom und keine Kommunikation gebe. "Das hat Chaos in einigen Gebieten ausgelöst", sagte er. Unter dem nationalen Notstand kann der Staat die Preise für lebenswichtige Güter festsetzen.
Die Menschen suchen indes verzweifelt in Trümmern nach ihren Habseligkeiten. Viele bangen um Angehörige. Allein auf der Insel Leyte werden 10.000 Tote befürchtet. Der Taifun vom Freitag gilt als schwerster Wirbelsturm seit Menschengedenken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekundete den Menschen auf den Philippinen ihre Anteilnahme. Präsident Aquino sagte, 22 Staaten hätten Hilfen zugesagt.
9,5 Millionen Menschen vom Taifun betroffen
In Tacloban landeten zwei US-Transportflugzeuge mit ersten Hilfsgütern. Einheimische und ausländische Helfer erklärten, die Trümmerberge im Krisengebiet müssten beseitigt und Zufahrtsstraßen freigeräumt werden, um weitere Hilfslieferungen möglich zu machen. Im Flughafengebäude von Tacloban wurde ein Nothospital eingerichtet, Verletzte müssen aber ohne Betäubungsmittel behandelt werden. Eine Schwangere brachte dort ein Mädchen zur Welt. Präsident Aquino hatte am Sonntag auch den Unmut der Bevölkerung zu spüren bekommen: Wütende Opfer des Wirbelsturms beschimpften den Staatschef wegen schleppender Hilfen.
Ein Reporter des britischen Senders BBC in Tacloban berichtete von Leichen auf den Straßen. Die 220.000-Einwohner-Stadt wurde großteils dem Erdboden gleichgemacht. Der Leiter des philippinischen Rotes Kreuzes, Richard Gordon, sprach von einem "absoluten Chaos". Nach UN-Angaben sind insgesamt 9,5 Millionen Menschen von dem Taifun betroffen, das ist etwa jeder zehnte Einwohner der Philippinen. Hilfswerke sprachen von etwa vier Millionen Obdachlosen.
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Die Bundesregierung reagierte mit Bestürzung und Trauer auf die Katastrophe in dem südostasiatischen Land. "Wir wissen, dass Hunderttausende dort vor den Trümmern ihrer Existenz stehen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Deutschland werde sich in dieser schweren Zeit als guter Partner der Philippinen zeigen. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach den Familien der Opfer auf den Philippinen sein Beileid aus. Die EU-Kommission hatte drei Millionen Euro Soforthilfe zugesagt, Deutschland 500.000 Euro.
Die Präsidentin von "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, und der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters (CDU), riefen zu Spenden auf. "Die Menschen brauchen für die nächsten Tage erst einmal Lebensmittel, sauberes Wasser, Decken, Hygieneartikel und ein Dach über dem Kopf", sagte Füllkrug-Weitzel. Einige evangelische Landeskirchen in Deutschland stellten Mittel für Soforthilfe bereit.
Schäden in Höhe von rund 19 Milliarden Dollar
Das Welternährungsprogramm brachte Spezialnahrung auf den Weg, das US-Militär schickte Flugzeuge und Hubschrauber. Hilfslieferungen wurden allerdings durch schlechtes Wetter behindert. Auch sind viele Gebiete weiter von der Außenwelt abgeschnitten. Unter anderem schickten das Technische Hilfswerk, Ärzte ohne Grenzen und die Deutsche Welthungerhilfe Expertenteams ins Katastrophengebiet.
Experten schätzen die Schäden durch den Taifun auf bis zu 19 Milliarden US-Dollar.
Haiyan gilt schwerster Wirbelsturm seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mitteilte. Der Taifun war am Freitagmorgen mit voller Wucht auf die Ostküste der Philippinen getroffen. Er erreichte Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometern pro Stunde. Hilfswerke zogen Parallelen zu dem Tsunami Ende 2004 im Indischen Ozean. Damals starben mehr als 230.000 Menschen, vor allem in Indonesien.