Mehrere hundert Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen haben am Samstag mehr Mitbestimmung und ein Streikrecht gefordert. Einen Tag vor Beginn der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) protestierte die Gewerkschaft ver.di in Düsseldorf gegen das kirchliche Arbeitsrecht. Für ihre Forderungen sammelte die Gewerkschaft 17.000 Unterschriften, die bei der Demonstration an den Vizepräses der EKD-Synode und rheinischen Oberkirchenrat Klaus Eberl übergeben wurden.
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"Die Unterschriften drücken aus, dass in kirchlichen Einrichtungen Tarifverträge, ein Streikrecht, Mitbestimmung und Betriebsräte nötig sind", sagte Berno Schuckart-Witsch, der bei ver.di für den Bereich Kirche zuständig ist. Die Veranstalter sprachen von rund 300 Demonstrationsteilnehmern, die aus ganz Deutschland angereist seien.
Die Synode der EKD tagt von Sonntag bis Mittwoch in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt und soll unter anderem Änderungen des kirchlichen Arbeitsrechts beschließen. ver.di lehnt die Reformvorschläge ab, unter anderem, weil Streiks in kirchlichen Einrichtungen verboten bleiben.
Arbeitnehmer zweiter Klasse oder gleichberechtige Mitsprache?
"Auf der Synode soll entschieden werden, dass Mitarbeiter in Kirche und Diakonie weiterhin Arbeitnehmer zweiter Klasse bleiben", kritisierte Wolfgang Cremer vom ver.di-Landesverband NRW. Das Streikrecht ergebe sich aus dem Grundgesetz. Die Kirchen müssten mit den Gewerkschaften Tarifverträge aushandeln.
Synoden-Vizepräses Eberl betonte, für die evangelische Kirche seien das kirchliche Arbeitsrecht - der sogenannte Dritte Weg - und kirchliche Tarifverträge gleichberechtigt. Die Landeskirchen und diakonischen Werke könnten jeweils selbst entscheiden, welchen Weg sie gehen wollten. So wird in der niedersächsischen Diakonie derzeit ein Tarifvertrag ausgehandelt. "Die Gewerkschaften sind aber eingeladen, sich auch im Dritten Weg zu beteiligen", sagte Eberl. Dort könnten sie in arbeitsrechtlichen Kommissionen mitwirken.
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Die Politikwissenschaftlerin Corinna Gekeler, Autorin des Buches "Loyal Dienen", nannte das kirchliche Arbeitsrecht diskriminierend. So sei ein Kirchenaustritt in vielen kirchlichen Betrieben ein Kündigungsgrund. Andersgläubige oder Ungetaufte würden oft gar nicht eingestellt. "Arbeitsverhältnisse sind keine innerkirchlichen Angelegenheiten, sondern vom Staat zu schützende Existenzgrundlagen", sagte die Autorin.
Bundesarbeitsgericht hatte Neuordnung angestoßen
In den beiden großen Kirchen gilt im Arbeitsrecht der sogenannte Dritte Weg. Dabei werden Arbeitsbedingungen wie Löhne und Gehälter in Kommissionen ausgehandelt, die mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzt sind. Beim Dritten Weg sind Streiks und Aussperrungen verboten.
Die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts war nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts vom November 2012 nötig geworden. Das Gericht hatte das kirchliche Arbeitsrecht darin zwar grundsätzlich bestätigt, aber an Bedingungen geknüpft. So müssen Lohnabschlüsse für alle evangelischen Einrichtungen verbindlich sein und dürfen nicht durch Haustarife unterschritten werden. Gewerkschaften müssen sich in Betrieben und Tarifkommissionen "koalitionsmäßig" beteiligen können. Bei Uneinigkeit der Tarifpartner muss ein neutraler, unabhängiger Schlichter über den Tarifabschluss entscheiden.