Die Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats entziehe sich jeglicher wissenschaftlicher Basis und bediene Ressentiments gegen Juden, sagte die Direktorin des Berliner Büros der Organisation, Deidre Berger, am Montag. Die Versammlung hatte in der vergangenen Woche eine Resolution zum Recht von Kinder auf körperliche Unversehrtheit beschlossen, die neben der Genitalverstümmelung bei Mädchen auch Jungenbeschneidung als besorgniserregenden Eingriff wertet.
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Berger erinnerte in diesem Zusammenhang an die Beschneidungsdebatte vor einem Jahr in Deutschland, nachdem ein Kölner Gericht das bei Juden und Muslimen übliche Ritual als Körperverletzung verurteilt hatte. "Ein erneutes Aufflammen der Beschneidungsdiskussion entfacht erhebliche Verunsicherung und bedroht europäische Werte von kultureller Vielfalt", mahnte Berger.
Deutsches Beschneidungsgesetz als Vorbild in Europa
Die Direktorin ergänzte, das als Ergebnis der deutschen Diskussion entstandene Beschneidungsgesetz könne Vorbild für andere europäische Länder sein. Deutsche Parlamentarier sollten dies in die Debatte auf europäischer Ebene einbringen und sich für eine Korrektur der "unhaltbaren" Resolution einsetzen, forderte Berger.
Der Deutsche Bundestag hatte im Dezember eine Änderung des Sorgerechts beschlossen, um die rituelle Beschneidung bei Juden und Muslimen weiter möglich zu machen. Demnach dürfen Eltern über den Eingriff bei minderjährigen Jungen entscheiden, wenn ärztliche Standards eingehalten werden. Dem Parlamentsbeschluss war eine mehrmonatige Debatte vorausgegangen, in der auch antisemitische Töne laut wurden.