Nach Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa 130 Tote geborgen

Nach Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa 130 Tote geborgen
Nach dem Brand auf einem Flüchtlingsschiff mit rund 500 Menschen an Bord vor der Küste von Lampedusa werden immer mehr Leichen geborgen.

Nach Berichten des italienischen Rundfunks wurden bis zum Freitagmorgen 130 Tote an Land gebracht. Im gekenterten Schiffsrumpf sollen Dutzende weitere Leichen liegen.

Mehrere Besatzungen von Fischkuttern unterstützen den Angaben zufolge die Hilfskräfte. Einige der 155 Überlebenden warfen Fischern dagegen vor, nicht auf ihre Hilferufe reagiert zu haben. Die italienische Regierung ordnete für diesen Freitag einen Tag der Staatstrauer an.

Die Menschen auf dem Schiff hatten am Morgen des Vortags eine Decke in Brand gesteckt, um durch den Lichtschein die Bewohner der zu Lampedusa gehörigen Insel Conigli auf sich aufmerksam zu machen. Daraufhin hatte das Feuer sich rasch ausgebreitet und das Schiff zum Kentern gebracht. Die Überreste des Schiffs wurden eine halbe Seemeile von Conigli entfernt auf dem Meeresboden entdeckt.

Napolitano fordert Überprüfung von Gesetzen

Angesichts des Flüchtlingsdramas in der Nähe der italienischen Insel Lampedusa hat Staatspräsident Giorgio Napolitano eine Überprüfung der Gesetzeslage gefordert. Normen, die eine Aufnahmepolitik verhinderten, sollten geändert werden, sagte er nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa in einem Interview mit Radio Vatikan. Die Gesetze müssten Italien würdig sein und den Grundprinzipien von Menschlichkeit und Solidarität entsprechen.

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Die italienische Marine unterstützt die Such- und Bergungsarbeiten. Die Korvette "Chimera" habe Kurs auf die Unglücksstelle genommen, teilte die Marine mit, wie Ansa am Donnerstagabend meldete. Auch das Patrouillenboot "Cassiopea" sei mit Tauchern unterwegs, um die Bergungsarbeiten zu unterstützen.

Innenminister Angelino Alfano reiste nach einem Treffen mit Regierungschef Enrico Letta nach Lampedusa, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Letta bezeichnete den Tod der Migranten als "ungeheure Katastrophe". Die Minister von Alfanos PdL-Partei sagten eine geplante Pressekonferenz ab.

Papst bezeichnet Flüchtlingstragödie als Schande

"Beten wir für die Opfer des tragischen Schiffbruchs vor Lampedusa", schrieb Papst Franziskus auf Twitter. Die erneute Flüchtlingstragödie sei eine Schande. Der Papst hatte Lampedusa vor zwei Monaten besucht und auf das Schicksal der Flüchtlinge als Folge einer "Globalisierung der Gleichgültigkeit" aufmerksam gemacht.

Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Ermittlungsverfahren, einer der mutmaßlichen Schleuser wurde Medienberichten zufolge bereits festgenommen. "Eine enorme Tragödie, für die es keine Worte gibt", sagte Vize-Innenminister Filippo Bubbico.

Mit Bestürzung hat die EU-Kommission auf das tödliche Drama reagiert. "Es ist wirklich eine Tragödie, ganz besonders, weil auch Kinder betroffen sind", erklärte EU-Regionalkommissar Johannes Hahn in Brüssel. "Es ist etwas, über das Europa wirklich traurig sein muss und wir sollten sehen, wie wir die Lage verbessern", sagte er.

Die italienische Insel Lampedusa ist Jahr für Jahr das Ziel Tausender Bootsflüchtlinge aus Afrika. Häufig kommt es zu Unglücken mit Todesopfern.