Das Landgericht Würzburg hat den Neonazi und Rechtsterroristen Martin Wiese zu 15 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Richter sahen es am Mittwoch als erwiesen an, dass der 37-Jährige auf einem Neonazi-Fest im August 2011 verfassungsfeindliche Symbole verwendet, Journalisten bedroht, die NS-Willkürherrschaft verherrlicht und sich volksverhetzend geäußert hatte. Zwei Monate der verhängten Haftstrafe gelten laut Urteil als bereits verbüßt.
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Wiese war wegen seines Redebeitrags beim "4. Nationalen Frankentag" vom Amtsgericht Gemünden zu 21 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Dagegen war er in Berufung gegangen. Sein Anwalt Frank Miksch kündigte nun an, gegen das mildere Urteil des Würzburger Landgerichts Revision einzulegen.
Gericht: Weise habe die NS-Zeit verherrlicht
Der Vorsitzende Richter Hans Brückner begründete die Abänderung des Gemündener Urteils damit, dass der Tatbestand der Volksverhetzung "gegen Teile der Bevölkerung" wie in Paragraf 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuches mit der Rede Wieses nicht erfüllt sei, wohl aber im Sinne des Absatzes 4. Die Ausführungen des einschlägig vorbestraften Neonazis seien geeignet gewesen, den "öffentlichen Frieden" zu stören, weil er "die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft" gebilligt, damit verherrlicht oder rechtgefertigt habe. Die vorgesehene Freiheitsstrafe hierfür sei jedoch geringer, daher die Abmilderung.
Staatsanwältin Tanja Zechnall hatte zuvor in ihrem Plädoyer eine noch längere Haft gefordert. Wiese habe sich vor gut zwei Jahren im Kreis Main-Spessart mehrerer Straftatbestände schuldig gemacht. Bei dem Neonazi-Fest habe er unter anderem Journalisten mit den Worten bedroht, sie würden eines Nachts aus ihren "Löchern" geholt und von einem "Volksgerichtshof" wegen "Deutschlands Hochverrat" zum Tode verurteilt. Einige damals anwesende Medienvertreter hätten dies als Bedrohung empfunden. Zudem trug Wiese ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Seine Idee, unser Weg", versehen mit der Unterschrift Adolf Hitlers.
Staatsanwaltschaft: Wieses Sozialprognose sei nicht positiv
Staatsanwältin Zechnall sagte, zugunsten des Angeklagten spreche zwar, dass er den Tatbestand im Wesentlichen eingeräumt sowie einen Videomitschnitt von seiner Rede vorgelegt habe. Auf der anderen Seite habe er sich nicht von der rechten Szene abgekehrt. "Er stand zum Zeitpunkt der Tat unter Führungsaufsicht - in dieser Zeit darf man sich gar nichts mehr zuschulden kommen lassen", sagte Zechnall. Wieses Sozialprognose sei nicht positiv, auch wenn er einen festen Wohnsitz, eine geregelte Arbeit und Familie habe. "Ich halte ihn für gefährlich", sagte sie, deshalb stehe eine Bewährungsstrafe nicht zur Debatte.
Wieses Anwalt hatte für einen Freispruch plädiert. Miksch und sein Mandant hatten an den beiden Verhandlungstagen das Bild eines eigentlich harmlosen jungen Mannes zu zeichnen versucht, dem der Staat wegen seiner politischen Gesinnung schaden wolle. Der Neonazi sagte, er habe im Juni 2013 die letzte Rede gehalten. Danach habe er in Rücksprache mit seiner Lebensgefährtin beschlossen, nicht mehr öffentlich aufzutreten.
An geplanten Sprengstoffanschlag auf das neue Jüdische Zentrum München beteiligt
"Das kann man nun glauben - oder auch nicht", kommentierte Staatsanwältin Zechnall. Sie hatte nachträglich ermitteln lassen, wo Wiese seit der Verurteilung in Gemünden noch aufgetreten war - die am Mittwoch vor Gericht vorgetragene Liste war lang.
Wiese war bereits 2003 wegen des geplanten Sprengstoffanschlags auf das neue Jüdische Zentrum München festgenommen worden. 2005 verurteilte ihn das Bayerische Oberste Landesgericht in München als Anführer der rechtsextremen "Kameradschaft Süd" zu sieben Jahren Haft. Der Neonazi war Ende 2010 entlassen worden.