Papst Franziskus: "Müssen neues Gleichgewicht finden"

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Foto: dpa/Maurizio Brambatti
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Papst Franziskus: "Müssen neues Gleichgewicht finden"
Positives Echo auf Aussagen von Franziskus
In einem langen Interview nimmt Papst Franziskus Stellung zur Rolle der Frauen in der katholischen Kirche, zum Umgang mit Homosexualität sowie zu den Themen Ökumene und Kirchenreform. Der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Bischof Friedrich Weber, der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge, der Präsident des Zentralkommitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, sowie die Gruppen Homosexuelle und Kirche (HuK) und Netzwerk katholischer Lesben (NkaL) bewerteten die Äußerungen des Papstes positiv.
20.09.2013
epd/evangelisch.de

Papst Franziskus will für Frauen mehr Einfluss in der katholischen Kirche. "Der weibliche Genius ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden", sagte das Kirchenoberhaupt in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Exklusiv-Interview für Zeitschriften des Jesuitenordens. Die "weibliche Präsenz" in der Kirche müsse erweitert werden.

Er fürchte sich allerdings vor einer "Männlichkeit im Rock", denn die "Frau hat eine andere Struktur als der Mann", fügte der 76-Jährige hinzu: "Die Reden, die ich über die Rolle der Frau in der Kirche höre, sind oft von einer Männlichkeits-Ideologie inspiriert." Aber die Frau sei "für die Kirche unabdingbar".

Ein tiefer Einblick in sein Denken

Der im März zum Nachfolger von Papst Benedikt XVI. gewählte ehemalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, ist der erste Jesuit auf dem Papststuhl. In dem langen Interview nimmt der Papst auch Stellung zu den Themen Kirchenreform, Umgang mit Homosexualität oder Ökumene und gibt einen tiefen Einblick in sein Denken. Als positiv wertete der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Bischof Friedrich Weber, die päpstlichen Äußerungen.

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Franziskus warnte vor einer zu engen Auslegung der katholischen Lehre: "Wenn einer Antworten auf alle Fragen hat, dann ist das der Beweis dafür, dass Gott nicht mit ihm ist." Wer in übertriebener Weise "Sicherheit" in der Lehre suche und "verbissen die verlorene Vergangenheit sucht, hat eine statische und rückwärts gewandte Vision". Auf diese Weise werde der Glaube eine Ideologie unter vielen.

"Wir müssen also ein neues Gleichgewicht finden, sonst fällt auch das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen, droht, seine Frische und den Geschmack des Evangeliums zu verlieren", betonte er. Es gebe "zweitrangige kirchliche Normen und Vorschriften, die früher einmal effizient waren, die aber jetzt ihren Wert und ihre Bedeutung verloren haben". Eine Sicht der Kirche als "Monolith, der ohne jeden Abstrich verteidigt werden muss, ist ein Irrtum", unterstrich der Papst.

Mehr "Mitgefühl" mit Homosexuellen

Weiter ermahnte Franziskus die römisch-katholische Kirche zu mehr Mitgefühl für homosexuelle Paare. "Wir müssen sie mit Barmherzigkeit begleiten", sagte er in dem Interview. Franziskus bekräftigte seine Aussage vom Juli auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Brasilien: "Wenn eine homosexuelle Person guten Willen hat und Gott sucht, dann bin ich keiner, der sie verurteilt." Es dürfe keine "spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben".

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Das Netzwerk katholischer Lesben (NkaL) und und die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Äußerungen des Papstes reagiert. Sie sehen einen echten Kurswechsel in der Haltung der katholischen Kirche zu Lesben, Schwulen, Bisexuellen und TransMenschen. Sie fänden es gut, Respekt und Wertschätzung vom Kirchenoberhaupt zu erfahren. "Überraschend ist für uns, dass diese neuen Worte aus Rom kommen, denn in den letzten 40 Jahren wurde von dort Homosexualität aufs Schärfste verurteilt", sagte HuK-Sprecher Markus Gutfleisch. "Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Papst aus Argentinien es ernst meint. Er möchte eine Kirche, die hinausgeht zu den Menschen."

Zur Ökumene: "Vereint in den Unterschieden vorangehen"

Das katholische Kirchenoberhaupt räumte jedoch ein: "Wir können uns nicht nur mit der Frage um die Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit der Verhütungsmethoden. Das geht nicht. Ich habe nicht viel über diese Sachen gesprochen. Das wurde mir vorgeworfen. Aber wenn man davon spricht, muss man den Kontext beachten." Franziskus verwies zudem auf die bekannten Positionen der Kirche zu diesen Fragen. "Und ich bin ein Sohn der Kirche", fügte er hinzu.

Zum Thema Ökumene sagte der Papst, es sei wichtig "das, was der Geist in den anderen gesät hat, nicht nur besser zu kennen, sondern vor allem auch besser anzuerkennen als ein Geschenk auch an uns". Franziskus: "Wir müssen vereint in den Unterschieden vorangehen. Es gibt keinen anderen Weg, um eins zu werden. Das ist der Weg Jesu."

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, zeigte sich begeistert von den Aussagen. "Franziskus ist der Wegbereiter einer angstfreien Kommunikation in der katholischen Kirche. Das kann man gar nicht hoch genug schätzen", sagte Glück dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagausgabe).

"Papst soll Tür für das Reformationsfest 2017 öffnen"

Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge sagte der selben Zeitung: "Die Aussagen des Papstes zur Ökumene sind im Blick auf die orthodoxe Kirche formuliert. Wenn er die Betonung des gemeinsamen christlichen Geistes und der Synodalität ernst meint, könnte dies auch eine Bedeutung für die katholisch-evangelische Ökumene gewinnen und eine Tür für das Reformationsfest 2017 öffnen."

Bischof Weber bezeichnete die Aussagen des Papstes zum Miteinander der Konfessionen als bemerkenswert. Dessen Appell, in den ökumenischen Beziehungen Unterschiede anzuerkennen und dennoch vereint voranzugehen, komme dem Leuenberger Modell nahe, sagte der lutherische Ökumene-Experte.

Vor 40 Jahren hatten protestantische Kirchen in Europa Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft vereinbart, indem die Verschiedenheit der Kirchen geachtet wird, ohne die Übereinstimmung im Grundsätzlichen zu übersehen. Als erstaunlich bezeichnete der braunschweigische Bischof die persönlichen Auskünfte von Franziskus, in denen dessen hohe Verbundenheit mit Kunst und Literatur, darunter auch Repräsentanten protestantischer Kultur, zum Ausdruck komme.