Die Gerichte reagierten damit auf die wachsende religiös-weltanschauliche Vielfalt und das Konfliktpotenzial, das dieser Pluralität zugeschrieben werde. Auf längere Sicht könnte dies allerdings gesellschaftliche Spannungen erhöhen, gab der Staatsrechtler zu bedenken.
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Das Leipziger Bundesgericht hatte am Mittwoch entschieden, dass gemeinschaftlicher Schwimmunterricht im Ganzkörperbadeanzug muslimischen Schülerinnen zumutbar ist. Die konkrete Entscheidung erscheine "gut nachvollziehbar", sagte Heinig. Die Klägerin habe nicht darlegen können, warum für sie eine Teilnahme am Schwimmunterricht in einer für viele muslimische Mädchen akzeptablen Bekleidung nach ihrem religiösen Verständnis nicht zumutbar sein sollte. "Doch fürchte ich Langzeitwirkungen, die die gesellschaftlichen Spannungen eher erhöhen als abbauen", sagte der Juraprofessor.
Gefahr von Milieuschulen und Parallelgesellschaften
Hinter dem konkreten Fall steht Heinig zufolge das Prinzip, dass für die Ausnahme von allgemeinen Schulregeln die Darlegungslast umso größer sei, je ungewöhnlicher das religiöse Sonderinteresse sei. Dieses Prinzip müsse allerdings mit Augenmaß angewandt werden. Andernfalls drohe die Religionsfreiheit in öffentlichen Schulen auf Dauer Schaden zu nehmen. Letztlich könnte sich dies auch negativ auf das öffentliche Schulsystem auswirken, wenn religiöse Schüler in Privatschulen gedrängt würden. "Wer legitime religiöse Belange im öffentlichen Schulwesen außer acht lässt, um allgemeinen Rechten und Pflichten zu genügen, fördert am Ende die Entstehung von Milieuschulen und Parallelgesellschaften", argumentierte der Rechtswissenschaftler, der auch das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland leitet.