Ghaub war früher eine Missionsstation: Deutsche Prediger kamen um 1900 hierher, um den Einheimischen den evangelischen Glauben nahezubringen. Heute sind 87 Prozent der Namibier lutherische Christen, verteilt auf drei Gemeinden mit unterschiedlichen Sprachen: Eine spricht Oshivambo, eine Herero und eine Deutsch.
###mehr-links### Den Fernsehgottesdienst feiern sie gemeinsam – in deutscher Sprache und mit Chorgesang in Englisch, Deutsch, Afrikaans, Herero und Oshivambo. Für die Absprachen untereinander brauchte der Senderbeauftragte der EKD für ZDF-Fernsehgottesdienste, Pfarrer Stephan Fritz, zwei Übersetzer: einen für Englisch-Herero und einen für Englisch-Oshivambo. Die Texte im Fernsehgottesdienst werden auf Deutsch vorgetragen, die Predigt auf Kopien in Afrikaans und Englisch verteilt. So sollen alle möglichst viel voneinander verstehen.
Die rund 150 Gottesdienstteilnehmer sitzen auf Klappstühlen mitten im afrikanischen Busch unter Bäumen. An der alten Steinkanzel der ehemaligen Missionsfarm Ghaub predigen ein schwarzer und ein weißer Pastor, Lorenst Kuzatjike und Johannes Burgard. Drei fröhliche Chöre in bunten T-Shirts singen ihre Lieder vor: "Satsu ih a Satsu i ha Satsu i ha Satsu i ha" – "Du lebst, deshalb werde ich auch leben!" Sie stehen auf einfachen Holzpodesten, im Hintergrund Steine und Gestrüpp.
Benzin gegen die Giftschlange
Vieles sieht improvisiert aus in diesem Fernsehgottesdienst, doch der Aufwand war immens: Das ZDF-Team musste rund zwei Tonnen Material per Luftfracht von Frankfurt nach Windhoek und dann in zwei Pick-Ups zur früheren Missionsstation Ghaub bringen lassen. Der Gottesdienst findet rund 500 Meter von den Häusern der Gästefarm entfernt statt – hier gibt es nichts außer der Steinkanzel. Keinen Strom, keine Lampen.
###mehr-galerien### Ein leises, mobiles Stromaggregat versorgt Kameras und Tontechnik, auf Beleuchtung wird komplett verzichtet. "Wir haben damit sowohl die Masse des Equipments als auch die Masse des Stroms erheblich reduzieren können", erklärt Pfarrer Stephan Fritz, "denn die Masse des Materials und des Stromverbrauchs bei einem Livegottesdienst aus einer Kirche kommt durch das Licht." Licht ist ohnehin genug da, auch im namibischen Winter: Die Sonne brennt so stark vom Himmel, dass zwei Zelte aufgestellt werden mussten, um Mensch und Technik zu schützen. Der Gottesdienst ist am 31. August mit vier Kameras aufgezeichnet worden, der Film wird diese Woche in Mainz geschnitten und am Sonntag im ZDF ausgestrahlt. Eine Livesendung aus Namibia hätte die Logistik überfordert.
Vor Ort hat sich die deutsche Gemeinde, die weit verstreut in den Orten Tsumeb, Otavi und Grootfontein lebt, sehr engagiert, um auf Ghaub alles zu organisieren: "Ein älterer Farmer hat aus Euro-Paletten wirklich richtig tolle Podeste für die Chöre gebaut", erzählt Stephan Fritz anerkennend. Sein Kollege Johannes Burgard, der die deutschen lutherischen Christen in Namibia betreut, half dem Farmer beim Aufbau. "Mir erzählte Pfarrer Burgard abends im Vertrauen, dass sie noch eine schwarze Mamba von dem Platz vertrieben haben", berichtet Stephan Fritz. "Davon möge niemand gebissen werden, das überlebt man nicht!" Wie man eine tödliche Giftschlange vertreibt, das wissen die afrikanischen Farmer: "Sie haben mit dem Stock geklopft, die Mamba hat sich ins Loch verzogen, dann haben sie Benzin reingegossen. Die mag den Geruch nicht, verzieht sich und kommt nie wieder zu dem Platz", hat sich der Pfarrer aus Deutschland überzeugen lassen. "Ich habe das unseren Leuten erst auf dem Rückflug erzählt."
Warten auf Regen - Vertrauen auf Gott
Die Menschen in Namibia – Schwarze wie Weiße – leben mit und von der Natur. So schön die Landschaft, die Farben und die Sonne in dem südwestafrikanischen Land auch sein mögen: Es ist einfach zu trocken. Dieses Jahr quält eine extreme Dürre Menschen und Tiere, vor allem in Gebieten weiter nördlich. "Es ist richtig Hunger ausgebrochen, weil die letzte Regenzeit den Ertrag nicht gebracht hat", erzählt Stephan Fritz, der während seiner Reise in Namibia 2.000 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt hat. "Man fährt durch's Land und es ist alles verdorrt. Viele müssen jetzt die Rinder verkaufen, bevor die wirklich fett sind, weil die Weide es nicht mehr hergibt. Man wartet darauf, dass frühestens Ende September der erste Regen kommen möge." Man wartet – und betet.
"Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch", heißt es am Sonntag im Predigttext. Pastor Lorenst Kuzatjike und Pastor Johannes Burgard gehen in ihrer gemeinsamen Predigt auf die elementaren Sorgen der Menschen in Namibia ein – also auch auf die anhaltende Dürre. Wie sollten Christen damit umgehen? Pastor Burgard sagt: "Das Gegenteil von Sorge ist nicht Optimismus, sondern Vertrauen. Vertrauen darauf, Glaube, dass da einer ist, der für uns sorgt." Und Pastor Kuzatjike ergänzt: "Wer erleben will, wie man Sorgen auf Gott wirft, um dann auch seine Für-Sorge zu erfahren, der muss schon mit Gott reden. Der muss beten."
Trotz aller Sorge wird der Gottesdienst keine traurige Veranstaltung – im Gegenteil! Zu Beginn danken die (Deutsch-)Namibier dafür, dass sie in einem so schönen Land leben dürfen - mit viel Platz und viel Licht. In einem Land, in dem Menschen zusammenhalten und gemeinsam Buschbrände löschen. Wo sie auf der Veranda ihrer Farm sitzen und den Blick in die endlose Weite schweifen lassen können. Das Lied "Danke für diesen guten Morgen" erklingt gleich in drei Sprachen.
###mehr-artikel### Zum Schluss machen die Gottesdienstteilnehmer ihre Sorgen zum Gebet: "Du selbst hast gesagt: 'Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter...' So vertrauen wir auf Dich!" Der gemeinsame Glaube verbindet die lutherischen Christen in Namibia - egal, ob sie Herero, Deutsch oder Oshivambo sprechen.