EKD: Bomben lösen keine Probleme
Repräsentanten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) warnen vor einer militärischen Intervention im Syrienkonflikt. Bomben lösten keine Probleme, erklärten EKD-Friedensbeauftragter Renke Brahms und Auslandsbischof Martin Schindehütte am Mittwoch in Hannover. Sie äußerten die Sorge, dass schon während der UN-Untersuchung des Chemiewaffeneinsatzes im Bürgerkrieg die Vorbereitungen für eine militärische Intervention in ein entscheidendes Stadiums gingen. Auch wenn die Bilder der getöteten Kinder einen moralischen Impuls für eine starke Reaktion setzten, sei es deutlich, dass durch einen Militäreinsatz kein politisches Problem gelöst werden könnte.
###mehr-artikel###So lange eine Intervention nicht durch ein UN-Mandat gedeckt sei, werde ein einseitiges Vorgehen der Amerikaner und ihrer Verbündeten nicht zu einer Schwächung Assads führen, geben die EKD-Repräsentanten zu bedenken. Brahms und Schindehütte mahnen eine politische Lösung an. Wenn die Untersuchungen der UN-Experten zeigten, dass das Assad-Regime für einen Chemiewaffeneinsatz verantwortlich sei, wäre erstmals seit Beginn des Bürgerkrieges die Möglichkeit gegeben, das syrische Regime international zu isolieren und an den Verhandlungstisch zu zwingen. "Diesen Weg einer politischen Lösung gilt es nun konsequent zu nutzen." Die Bundesregierung sollte ihren Einfluss in diesem Sinne geltend zu machen.
Im Fall Syrien sehen Brahms und Schindehütte "wesentliche Voraussetzungen für eine legitime Intervention nicht gegeben". Weder liege ein UN-Mandat vor noch ein politisches Konzept noch eine Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen, die dem Frieden verpflichtet sind. Auch die Option der Waffenlieferungen scheide aus, weil zusätzliche Waffen eine Gewalteskalation eher förderten, gerade wenn sie extremistischen Oppositionsgruppen in die Hände fielen. Die EKD-Vertreter verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Friedensdenkschrift von 2007. Darin befürwortete die evangelische Kirche ein friedensethisches Konzept der "rechtserhaltenden Gewalt" und der "vorrangigen Option für Gewaltfreiheit".
Weltkirchenrat: Blutvergießen durch Verhandlungen beenden
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) mahnte am Mittwoch eine friedliche Lösung des Konflikts an. Die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft müssten Verhandlungen zum Ende des Blutvergießens anstreben, sagte Generalsekretär Olav Fykse Tveit in Genf. Den möglichen Militärschlag der USA gegen das Regime von Baschar al-Assad sprach der Theologe nicht direkt an. Tveit verurteilte den mutmaßlichen Einsatz von Giftgas im Raum Damaskus scharf. Die Täter legten eine völlige Gewissenlosigkeit an den Tag. "Genug ist genug", unterstrich der norwegische Lutheraner.
In der vergangenen Woche waren nach bislang unbestätigten Berichten bis zu 1.300 Menschen bei einer Giftgasattacke ums Leben gekommen. Die USA und syrische Rebellen beschuldigen das Assad-Regime, für die Attacke mit den geächteten Waffen verantwortlich zu sein. Tveit sagte, unschuldige Menschen zahlten in dem brutalem Bürgerkrieg einen untragbaren Preis. Nach UN-Angaben starben in dem mehr als zwei Jahre dauernden Konflikt mehr als 100.000 Menschen, Millionen sind auf der Flucht. Zwei der rund 350 Mitgliedskirchen des Weltkirchenrates sind in Syrien beheimatet. Die Weltkirchenrat ist eine Dachorganisation für 560 Millionen Christen, die katholische Kirche ist nicht Mitglied.
Anglikanischer Primas: Keine übereilten Entscheidungen
Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, warnt vor übereilten Entscheidungen im Syrienkonflikt. Die britischen Parlamentsabgeordneten müssten sich selber fragen, ob sie genug Fakten haben, bevor sie in dieser "heiklen und gefährlichen Situation" eine Entscheidung treffen, sagte der Primas der anglikanischen Kirche dem "Daily Telegraph" (Mittwoch). Das Unterhaus sollte am Donnerstag über einen militärischen Einsatz in Syrien abstimmen. Welby, der Erfahrung bei der Konfliktschlichtung in Afrika und Nahost hat, sagte, zwischen "nichts tun" und einem absoluten Regimewechsel gebe es zahlreiche Zwischenschritte. Allerdings räumte er ein, dass es in der Syrienfrage "keine gute Antwort" und keine einfache Lösung gebe.
###mehr-links###Erst im Juni hatte Welby mehrere Känder im Nahen Osten besucht und war dabei mit Christen und Muslimen zusammengetroffen. Er sagte, die Menschen dort hätten zunehmend Angst, die "furchtbar und unbeschreiblich" sei. Sie hätten das starke Gefühl, die Region erlebe eine "schrecklich, schrecklich gefährliche Zeit". Die Parlamentarier sollten bedenken, welche Folgen eine Intervention in Nahen Osten haben könnte. Wenn man in der Region handele, könnte dies auch weit entfernt zu ernsthaften Konsequenzen führen.
Der Erzbischof, der zugleich Oberhaupt der anglikanischen Kirche von England ist, räumte ein, dass auch er nicht wisse, was das richtige Handeln in dieser Situation sei. "Die Regierung und die Amerikaner haben Informationen, die niemand sonst sieht - ich denke aber dennoch, wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht eine vorschnelle Entscheidung treffen." Er sei sich der Komplexität sehr bewusst. Die Regierung "weiß sicher besser als ich, wie sehr alles dort miteinander verbunden ist", sagte er.
Katholische Kirche: Militärschlag nicht zu verantworten
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, empfiehlt vor der Entscheidung über einen Militärschlag in Syrien ein sorgfältiges Abwägen. Zwar sei es verständlich, dass eine Reihe westlicher Regierungen militärische Luftschläge als Antwort auf den Einsatz von Chemiewaffen in Erwägung zögen. Aber gegen eine solche "Strafaktion" gebe es gewichtige friedensethische Einwände, sagte Erzbischof Zollitsch am Mittwoch in Bonn. Kein Militärschlag sei legitim, so lange keine mit eindeutigen Fakten untermauerte Gewissheit über die Täter der Chemiewaffen-Attacke bestehe.
Der katholische Trierer Bischof Stephan Ackermann sagte am Mittwoch im Kölner "Domradio", er halte einen kurzen Militärschlag zu diesem Zeitpunkt für "nicht verantwortbar". Ein militärisches Eingreifen würde die Gewalt in Syrien nicht verkleinern. Es könne nur um eine "Einschüchterung im Sinne von Gewaltminimierung" gehen, "um überhaupt wieder einen Raum für politische Lösungen und Verhandlungen zu eröffnen", so der Bischof. Er mahnte, die Verantwortlichen für den Chemiewaffeneinsatz vergangene Woche zu finden. "Dieses Verbrechen muss geahndet werden." Ähnlich hatte sich zuvor auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick geäußert.
Am Sonntag, noch vor dem Bekanntwerden der konkreten US-Angriffspläne, hatte Papst Franziskus die internationale Gemeinschaft eindringlich gemahnt, eine friedliche Lösung für Syrien zu suchen. Die Welt müsse die tragische Lage in Syrien mehr wahrnehmen und alles tun, um durch Dialog diesen Krieg zu beenden, der Zerstörung und Tod bringe, sagte das katholische Kirchenoberhaupt auf dem Petersplatz in Rom. Offensichtlich mit Blick auf die Berichte über einen mutmaßlichen Giftgasangriff beklagte er die "fürchterlichen Bilder" verstärkter Gewalt. In diesem "Bruderkrieg" müsse der Lärm der Waffen zum Schweigen gebracht werden, verlangte der Papst.
Patriarch: Militärschlag wäre "krimineller Akt"
Der griechisch-katholische Patriarch von Antiochien, Gregor III. Laham, bezeichnete die Pläne für eine Militärintervention als "kriminellen Akt". Wenn die westlichen Länder zum Aufbau einer Demokratie in Syrien beitragen wollten, müssten sie für Versöhnung und Dialog zwischen Christen und Muslimen sorgen anstatt für Waffen, sagte das Oberhaupt der melkitischen Kirche. Ein internationales Eingreifen würde nach Auffassung des Patriarchen nur weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung fordern. "Dies wird das Vertrauen der arabischen Welt in den Westen zerstören."
Syrien benötigt nach Einschätzung des Patriarchen dringend Stabilität, zu der ein bewaffneter Angriff auf das Regime Assad nicht beitragen könne. Die westliche Welt sei mitverantwortlich für das Einsickern bewaffneter Islamisten nach Syrien. Falls die Islamisten aus dem Bürgerkrieg als Sieger hervorgehen sollten, werde das Land in Teile auseinanderfallen, in denen Christen in einem "Ghetto" eingeschlossen wären, warnte Gregor III. Die Anwesenheit von Christen in Syrien garantiere die Existenz eines moderaten Islam. "Wenn wir weggehen, kann es in Syrien keine Demokratie geben", so der Patriarch.