Weiterer Strompreis-Anstieg "sozial bedenklich"

Weiterer Strompreis-Anstieg "sozial bedenklich"
EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat die Politik in Deutschland aufgefordert, einen weiteren Anstieg der Strompreise zu verhindern.

"Strom ist in Deutschland heute schon besorgniserregend teuer", sagte er der "Bild"-Zeitung vom Samstag. "Das ist sozial bedenklich." Es dürfe nicht sein, dass Strom für den normalen Haushalt unbezahlbar werde. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bekräftigte, er wolle nach der Bundestagswahl seine lang geplante Strompreisbremse umsetzen. Die Grünen warfen der EU-Kommission derweil vor, ein Verfahren gegen Deutschland wegen möglicher wettbewerbsverzerrender Auswirkungen der EEG-Umlage zu verschleppen.

Vor wenigen Tagen hatten Medien über einen bevorstehenden weiteren Strompreisanstieg berichtet. Hintergrund sei die EEG-Umlage, die laut Experten von derzeit 5,3 Cent auf bis zu 7 Cent pro Kilowattstunde im kommenden Jahr steigen könne.

Niedrige Strompreise an der Börse

Die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgeschriebene Umlage soll Investitionen in erneuerbare Energien fördern. Sie berechnet sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Marktpreis für Ökostrom und dem Preis, der dem Produzenten gesetzlich zugesichert ist. Die Differenz wird auf alle Verbraucher umgelegt, mit Ausnahme der energieintensiven Unternehmen.

Oettinger erklärte, das EEG müsse "dringend reformiert werden". Es führe seit einiger Zeit "zu immer mehr Fehlanreizen". "Die ungebremste staatliche Förderung des Baus weiterer Solar- und Windanlagen überfordert die Stromverbraucher." 

Mitverantwortlich für die erwartete Erhöhung der Umlage sind die derzeit niedrigen Strompreise an der Börse, aber auch der sonnenreiche Juli. Dadurch wurde mehr Sonnenenergie produziert, die zu garantierten Preisen abgenommen wird.

Ausnahmen für energieintensive Betriebe

Altmaier sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Gleich nach der Bundestagswahl werden wir die Förderung der erneuerbaren Energien grundlegend reformieren müssen." Wenn der politische Wille vorhanden sei, könne in diesem Jahr noch eine Strompreisbremse beschlossen werden.  Zugleich gab der Minister den Oppositionsparteien die Schuld für die jetzige Situation. Die rot-grünen Länder hatten Altmaiers Pläne zur Einfrierung der EEG-Umlage im Bundesrat gestoppt, weil sie befürchteten, das Vorhaben könne den Ausbau erneuerbarer Energien verlangsamen.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Bundesregierung eine Klientelpolitik zugunsten von Industrieunternehmen vor, die von der EEG-Umlage ausgenommen sind. Es wäre Aufgabe der EU-Kommission, gegen solche Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen, sagte er mit Blick auf die Kritik von Kommissar Oettinger. "Sie ist stattdessen vor der Bundesregierung eingeknickt und hat das Verfahren auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt." Die Grünen wollten "durch die Rückführung von Industrieprivilegien auf Härtefälle" die Privathaushalte und den Mittelstand um vier Milliarden Euro im Jahr entlasten, unterstrich er.

Die EU-Kommission hatte im Juli die EEG-Umlage wegen der Ausnahmen für energieintensive Betriebe als möglichen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht gerügt. Die Entscheidung über ein Verfahren gegen Deutschland steht aber noch aus.