Mollath war gegen seinen Willen sieben Jahre in einem psychiatrischen Krankenhaus in Bayern untergebracht. Mehr Psychotherapie in der Psychiatrie verlange allerdings auch eine andere Personalsituation, und "das ist ganz schwierig".
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Allerdings habe es in der Psychiatrie seit der in den 1970er Jahren gestarteten Psychiatriereform große Fortschritte gegeben, fügte Bertram hinzu: "Die alte Anstaltspsychiatrie ist überall aufgelöst worden." Der Schwerpunkt habe sich hin zur Akutpsychiatrie entwickelt. Das heißt, in aller Regel werden Menschen auch bei einer Zwangseinweisung nicht länger als 14 Tage in einer geschlossenen Station behandelt, die oft auch nicht wirklich geschlossen sei. Danach folge meist die Behandlung in einer anderen Station oder Tagestätte, oder der Patient könne die Klinik ganz verlassen.
Ambulante Behandlung nicht genügend ausgebaut
Ein Problem ist Bertram zufolge allerdings die Verzahnung zwischen der ambulanten und der stationären Behandlung. Hier sei noch eine Menge Entwicklung nötig, denn meist reiche ein 14-tägiger Aufenthalt in der Psychiatrie nicht aus. Sinnvoll seien daran anschließende ambulante psychotherapeutische Maßnahmen sowie eine "Aufsuchende Behandlung", das sogenannte "Hometreatment" - dies allerdings nur, wenn das private Umfeld nicht selbst zum seelischen Problem gehört.
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Die ambulante Behandlung sei in den Regionen noch nicht genügend ausgebaut. Weil stationäre Psychiatrie extrem teuer sei, könnten mit dem Ausbau von mehr ambulanten, psychotherapeutischen Netzwerken auch Kosten gespart werden, so Bertram, der auch dem Vorstand der Berliner Psychotherapeutenkammer und des Verbandes Psychologischer Psychotherapeuten angehört.
Im internationalen Vergleich nehme Deutschland in der psychiatrischen Versorgung eine Position im oberen Mittelfeld ein, bilanzierte Bertram. An der Spitze stünden die skandinavischen Länder. Finnland etwa sei federführend beim familientherapeutisch orientierten "Hometreatment". Auch in Deutschland sei die Bevölkerung seelischen und psychischen Erkrankungen gegenüber inzwischen toleranter eingestellt. Weil es schließlich "jeden treffen kann" gebe es hier eine größere Akzeptanz. Es liege aber auch "schlicht daran, dass es die Klapse nicht mehr gibt".