Wie schön, wenn zwei sich gefunden haben, einander tief in die Augen schauen und sagen können: "Dich meine ich, ich möchte bei Dir bleiben – für immer!" und wie schön, wenn das tatsächlich gelingt, nicht nur im Moment des Verliebtseins, sondern ein Leben lang. Einen Partner oder eine Partnerin fürs Leben zu finden, ist ein großes Glück! Doch das Glück kann man nicht bewahren, indem man es ankettet und abschließt – und deswegen ist ein Vorhängeschloss kein passendes Symbol für Liebe und Treue. Verliebtsein kann man nicht festhalten – man kann nur den Moment genießen.
###mehr-artikel### Bei Schlössern gibt es kein Entkommen, verschlossen ist verschlossen. Mal abgesehen vom Bolzenschneider. Aber vielleicht ist genau das das Problem: Dass man bei den Liebesschlössern solch brutale Werkzeuge braucht, um die Freiheit zu bekommen, die man braucht. Die persönliche Freiheit, sich an einen anderen Menschen zu binden und sich auch wieder lösen zu dürfen. Denn niemand kann sich auf Dauer der Liebe sicher sein. Liebe kann wunderbar kraftvoll beginnen und doch nach einer Weile still und leise wieder aufhören.
Versprechen kann man nur die gute Absicht
In dem romantischen Moment auf der Brücke halten Verliebte es freilich nicht für möglich, dass dieses Gefühl jemals wieder nachlässt. Sie hören ihr Vorhängeschloss mit einem leisen "Klick" einrasten. Ein schöner Moment – doch er darf nicht missverstanden werden! Als frisch verliebtes Paar sollte man sich davor hüten, dieses "Klick" als Versprechen für die Ewigkeit zu deuten. Anders verhält es sich mit dem Eheversprechen, das Liebende einander erst geben können, wenn sie sich gut kennen und die Beziehung schon krisenerprobt ist. Der Moment des Ja-Worts vor dem Traualtar hat deswegen eine andere Qualität als das Klicken des Vorhängeschlosses.
Doch selbst das Eheversprechen ist keine Garantie! Jesus sagt zwar in Matthäus 19,6: "Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden." Doch Liebe kann man nicht festhalten. Versprechen kann man einander nur, es zu versuchen. Nicht gleich aufzugeben, wenn es schwierig wird; füreinander da zu sein, auch wenn die Gefühle verblassen. Man kann zulassen, dass die Beziehung sich ändert, vom Verliebtsein hin zum Vertrautsein – und beide müssen gemeinsam daran arbeiten. Es geht um "Treue, Geduld und Vergebungsbereitschaft für die Liebe", darauf weist auch die kontrovers diskutierte Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland mit dem Titel "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit" hin.
Einen Menschen kann man nicht besitzen
Freiheit im christlichen Sinne bedeutet, dass wir Fehler machen dürfen. Auch in der Liebe. Weder der heißeste Schwur noch das innigste Versprechen schützt davor, dass Paare kläglich scheitern. Wer sich füreinander öffnet, wird verletzlich – und wer kann schon von sich behaupten, dem Partner oder der Partnerin niemals weh zu tun? Wenn es also weh tut und schwierig wird, hilft das Schloss am Brückengeländer nicht weiter.
###mehr-links### Vielleicht wäre das Kreuz ein passenderes Symbol, denn es steht für Gnade und Vergebung. Für die Erlaubnis zum Versagen. Wer den Partner verletzt, darf auf Vergebung hoffen – und (mindestens genauso wichtig!) sich selbst vergeben. Gerade gemeinsam durchgestandene Krisen mit Aussprache und Neuanfang können die Verbindung so festigen, dass sie noch lange hält. Darin liegt erst recht ein großes Glück!
Doch wer in der Liebe verletzt wird, darf auch in Freiheit entscheiden, ob er wirklich vergeben kann - oder lieber gehen will. Und wer verlassen wird, muss den anderen in Freiheit gehen lassen. Die ehemals Liebenden haben keinen Anspruch aufeinander, Liebe muss frei sein und bleiben. Vorhängeschlösser sind dafür einfach zu verschlossen.