Deutschland hat mehr Geringverdiener als viele andere EU-Staaten

Foto: Getty Images/Zoonar RF
Deutschland hat mehr Geringverdiener als viele andere EU-Staaten
Deutschland hat einen höheren Anteil von Geringverdienern als viele andere europäische Staaten. Wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hervorgeht, bekam hierzulande ein Viertel aller Beschäftigten 2010 weniger als 9,54 Euro brutto für eine Stunde Arbeit.

In dieser Höhe lag vor drei Jahren die zugrunde gelegte Niedriglohnschwelle. Einen höheren Anteil von Geringverdienern hatte im Vergleich von insgesamt 17 EU-Staaten nur Litauen, auf dem dritten Platz lag Zypern.

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Die Niedriglohnschwelle wird in der europäischen Studie bei zwei Dritteln des nationalen Durchschnittslohns angesetzt. Das Niveau ist dabei höchst unterschiedlich: Litauens Niedriglohnschwelle lag 2010 bei 1,67 Euro, in Dänemark, dem Land mit den prozentual wenigsten Geringverdienern, lag diese Grenze bei 15,80 Euro.

Fast alle Geringverdiener haben eine abgeschlossene Berufsausbildung

Länderübergreifend seien vor allem Frauen, Jüngere, Geringqualifizierte, Ausländer, befristet Beschäftigte und Arbeitnehmer in Kleinbetrieben unter den Geringverdienern überrepräsentiert. Beim Vergleich der Situation beschäftigter Frauen und Arbeitnehmern in Teilzeit schneidet Deutschland besonders schlecht ab: 63 Prozent der Geringverdiener waren 2010 Frauen, 40 Prozent der Teilzeitbeschäftigten Geringverdiener - jeweils mehr als in allen Vergleichsländern. Mehr als 80 Prozent der Geringverdiener in Deutschland haben den Angaben zufolge eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Die Frage, ob Mindestlöhne den seit den 90er Jahren andauernden Anstieg des Geringverdieneranteils in Deutschland bremsen könnten, beantwortet Studienautor Thomas Rhein nicht eindeutig. Der Arbeitsmarktforscher verweist auf zehn der 17 untersuchten Länder, in denen ein Mindestlohn gilt und die allesamt besser abschnitten als Deutschland. Zugleich verweist er auf die unter den Spitzenreitern vertretenen skandinavischen Länder, die auch ohne flächendeckenden Mindestlohn wenig Geringverdiener haben.

Forscher: Mindestlohn kostet keine Arbeitsplätze

Rhein entkräftet aber das Argument von Mindestlohngegnern, die befürchten, dass eine untere Lohngrenze Arbeitsplätze kosten würde. Im Ländervergleich ergäben sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Anteil der Niedriglohnempfänger und dem Beschäftigungsstand. "Dies würde dafür sprechen, dass eine erhöhte Lohnspreizung keine zwingende Voraussetzung für dauerhafte Erfolge am Arbeitsmarkt ist", schreibt Rhein.