Das Rennen der Rabbiner

Foto: dpa/Kay Nietfeld
Der bisherige Oberrabbiner Yona Metzger.
Das Rennen der Rabbiner
Der Wahlkampf, von Taktieren und Beschimpfungen geprägt, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. In Israel werden an diesem Mittwoch zwei neue Oberrabbiner gewählt. Zugleich wachsen die Spannungen zwischen dem religiösen und weltlichem Lager.
23.07.2013
epd
Susanne Knaul

Zehn Kandidaten sind im Rennen für das höchste religiöse Amt in Israel. An diesem Mittwoch tritt in Jerusalem ein Gremium von 150 Vertretern des religiösen und politischen Lebens zusammen, um einen sephardischen und einen aschkenasischen Oberrabbiner zu wählen. Die Wahl gilt politisch als hochbrisant, da es auch um eine Modernisierung des staatlichen Rabbinats geht. Seit 2003 ist Jona Metzger Oberrabbiner für den aschkenasischen, aus Europa stammenden Zweig des Judentums, und Slomo Amar für die sephardischen, aus dem Orient stammenden Juden.

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Vor allem an Rabbiner David Stav scheiden sich die Geister. Ovadia Jossef, das spirituelles Oberhaupt der ultraorthodoxen Schas-Partei, nannte Stav einen "bösen Mann", der "gefährlich für das Judentum" sei. Stav ist Vorsitzender von "Tzohar", einer Organisation moderater zionistischer Rabbiner, deren Ziel es ist, das Judentum für religiöse wie für weltliche Juden zugänglicher zu machen. Er tritt für eine Reform der einflussreichen Religionsbehörde ein, deren Autorität von immer weniger Israelis anerkannt wird. Das Rabbinat müsse eine Sprache sprechen, die in der israelischen Gesellschaft gehört und verstanden werde, wirbt Stav. Er wird von der national-religiösen Partei Habayit Hajehudi und anderen Koalitionspartnern sowie von der oppositionellen Arbeitspartei favorisiert.

Regierungschef Benjamin Netanjahu unterstützt hingegen Rabbiner David Lau, den Sohn des früheren aschkenasischen Oberrabbiners Israel Meir Lau, einem engen Freund der Familie. Das Ehepaar Netanjahu ist von ihm getraut worden, außerdem ist er Pate bei beiden ihrer Söhne. Ihm selbst blieb eine erneute Kandidatur aufgrund der Altersgrenze von 70 Jahren versperrt. David Lau ist derzeit Oberrabbiner in Modi'in, er ist regelmäßig freitags mit der Sendung "Frag den Rabbi" im Fernsehen und vermeidet es, sich einem bestimmten religiösen Lager zuzuordnen.  

Richter und moralische Vorbilder

Die Oberrabbiner bilden die höchste Instanz des jüdischen Lebens, sowohl spirituell als bezüglich der Einhaltung der jüdischen Gesetze. Sie erteilen das Koscherzertifikat und kontrollieren die heiligen jüdischen Stätten, darunter auch die Mikvaot, die Tauchbäder zur spirituellen Reinigung, sowie die Jeschivot, die Talmudschulen.

In Israel haben sie zusätzlich eine wichtige juristische Funktion, denn die rabbinischen Gerichte sind für sämtliche Fragen im Bereich des Familienrechts wie Eheschließungen, Scheidungen aber auch Anerkennung von Übertritten zum Judentum zuständig. Über diese Aufgaben hinaus sollten die Oberrabbiner ein moralisches Beispiel geben und gegen Korruption und moralischen Verfall in den Kampf ziehen.

Skandalumwitterte Amtsinhaber und Kandidaten

Paradoxerweise ist kaum ein anderer Sektor in Israels öffentlichem Leben so sehr von Skandalen umwittert wie das religiöse Establishment. Nicht nur der scheidende Oberrabbiner Metzger musste kürzlich aufgrund polizeilicher Ermittlungen sein Amt ruhen lassen. Sein Büro wurde durchsucht und er selbst mehrere Tage unter Hausarrest gestellt. Medienberichten zufolge wurden ihm Betrug, Unterschlagung und Korruption vorgeworfen, was Metzger abstreitet.

Auch Rabbiner Abraham Jossef, einer der drei Söhne von Ovadia Jossef, musste seine Kandidatur für das Amt des sefardischen Oberrabbiners zurückziehen, weil ihm Amtsmissbrauch und Vertrauensbruch zur Last gelegt wird. Er schickt stattdessen seinen Bruder Yizhak Jossef ins Rennen. Bis zuletzt blieb offen, ob Rabbiner Schmuel Elijahu, Sohn des früheren Oberrabbiners Mordechai Elijahu, antreten darf. Der Rabbiner aus Safed, einem Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit in Galiläa, geriet mit rassistischen Äußerungen gegen die arabische Bevölkerung in der Stadt ins Abseits.