"Die EU-Kommission ist offenbar in gestrigem Denken verfangen und will zurück ins Atomzeitalter", sagte der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. "Marode Atomkonzerne sollen mit hohen und langjährigen Staatsbeihilfen flott gemacht werden", kritisierte die Grünen-Europaparlamentarierin Rebecca Harms.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte in ihrer Freitagausgabe über einen Entwurf für neue Beihilfe-Leitlinien berichtet, der aus der Feder des EU-Wettbewerbskommissars Joaquín Almunia stammt. Demnach sollen Energiekonzerne künftig für neue Kernkraftwerke genauso Subventionen erhalten dürfen wie die Produzenten von Ökostrom. Der Ausbau der nuklearen Energieerzeugung sei ein Ziel der Europäischen Union, zitiert die Zeitung aus dem Text. Für Errichter und Betreiber von Atomkraftwerken könnten daher Finanzhilfen nötig sein.
Almunias Vorhaben stoppen
Ein Sprecher von Almunia sagte am Freitag, es sei "in keiner Weise" Ziel der EU-Kommission, zu Atomkraft-Subventionen zu ermuntern. Die Entscheidung über den Energiemix liege bei den einzelnen EU-Regierungen, weshalb die Kommission dieses Thema neutral behandele. In der Tat wollten einige EU-Regierungen ihren Atomsektor fördern, sagte der Sprecher. Es werde umfassende Beratungen mit den Regierungen und Interessengruppen geben, bevor die Kommission offiziell ein Dokument präsentieren werde.
Für den Ausbau der Atomenergie interessieren sich unter anderem Frankreich, Großbritannien und Tschechien. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte die Almunia-Pläne in Berlin als "völlig inakzeptabel und rückwärtsgewandt". Die EU müsse schnellstmöglich aus fossilen und nuklearen Energieträgern aussteigen und die Erneuerbaren Energien voranbringen. Die Bundesregierung und EU-Energiekommissar Günther Oettinger seien in der Pflicht, Almunias Vorhaben zu stoppen, verlangte der Verband.