"Es gibt kein Zurück hinter die historisch-kritische Methode", sagte er am Freitag in Mainz bei der Vorstellung seines neuen Buches "Offenbarung, Tradition und Schriftauslegung". Vor allem unter Evangelikalen in den USA gebe es eine erstarkende Gruppe, die die Bibel wieder als unmittelbar offenbartes Wort Gottes betrachte. In der katholischen Kirche sei diese Sichtweise hingegen aktuell nicht weit verbreitet.
"Man muss nicht entweder gläubig oder historisch-kritisch sein", sagte der Bischof. Zwischen beidem gebe es keinen zwingenden Widerspruch. In seinem 200 Seiten starken Buch legt Voderholzer, der bis Ende 2012 als Theologieprofessor in Trier lehrte, seine Sichtweise auf ein christliches Verständnis der Bibel dar.
Kritische Analyse des Koran prinzipiell möglich?
Im Gegensatz zum Islam stelle das Christentum keine Buchreligion im eigentlichen Sinne dar. Nicht die Bibel selbst, sondern die darin von verschiedenen Menschen bezeugten Ereignisse seien die göttliche Offenbarung. Ein solches Bibelverständnis mache es sogar notwendig, den Texten mit wissenschaftlichen Methoden auf den Grund zu gehen.
Die unterschiedliche Bedeutung, die Muslime und Christen ihren Heiligen Schriften beimessen, habe auch Auswirkungen auf den interreligiösen Dialog. Nach islamischem Verständnis wurde der Text des Koran dem Propheten Mohammed wortwörtlich durch den Erzengel Gabriel übermittelt. Voderholzer sagte, er habe deshalb Zweifel, ob eine kritische wissenschaftliche Analyse des Koran durch islamische Theologen prinzipiell möglich sei.