"Unsere Lerngeschichte in Sachen Toleranz ist noch nicht abgeschlossen", sagte Schneider am Mittwochabend in Frankfurt am Main beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Frankfurter Bibelmuseums. Die christlichen Kirchen insgesamt hätten eine "lange und schuldhafte Geschichte der Intoleranz" hinter sich.
###mehr-artikel### Die Kirche sei aber auf einem guten Weg, sich von einer bloßen "Duldungstoleranz" hin zu einer "Respektstoleranz" zu entwickeln. Als Beispiele für die Entwicklung zu einer Respektstoleranz nannte Schneider das umstrittene EKD-Familienpapier und die Diskussion um die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften. "Es ist ein Unterschied, solche Partnerschaften nur zu dulden oder wirklich zu respektieren", sagte der Ratsvorsitzende.
Schneider: Luther kein wirkliches Vorbild für Toleranz
Gerade der Reformator Martin Luther sei kein Vorbild für Toleranz gewesen, sagte Schneider in Anspielung auf das von der EKD unter das Thema Toleranz gestellte Jahr 2013 in der sogenannten Luther-Dekade vor dem 500-Jahr-Jubiläum der Reformation 2017. Trotz seiner Hasstiraden gegen Juden, Türken und die Täufer-Bewegung, also den radikal sozial ausgerichteten Flügel der Reformation, enthalte Luthers Lehre aber "Toleranzpotenzial", das die Kirchen der Reformation jedoch lange Zeit nicht entfaltet hätten.
Toleranz bedeute heute, "Fremdes auszuhalten und Eigenes infrage zu stellen", befand Schneider. "Das ist anstrengend und tut manchmal weh." Es dürfe aber nicht dazu führen, das alle möglichen Lehren und Weltanschauungen gleichermaßen und gleichgültig nur zur Kenntnis genommen würden. Sie müssten die Rechtsordnung und die Menschenwürde wahren, um toleriert zu werden, sage der Ratsvorsitzende.