Ursache für die Qualmwolke waren gigantische Brandrodungen jenseits der Seestraße von Malakka im indonesischen Sumatra. Dort werden in der Provinz Riau die letzten Regen- und Torfwälder für noch mehr Ölpalmenplantagen abgefackelt. Die Pflanzen sind ein gigantisches Geschäft. Palmöl findet sich in vielen Konsumgütern wie Shampoo oder Margarine wie auch als Brennmaterial in so manchen Blockheizwerken deutscher Stadtwerke.
Nachfrage stark gestiegen
Durch den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas und der südostasiatischen Staaten ist die Nachfrage nach Palmöl explosionsartig gestiegen. Gigantische Plantagen haben in den letzten Jahrzehnten in Indonesien große Teile der ursprünglichen Regenwälder verdrängt. Haupttatorte der Regenwaldvernichtung sind Sumatra und Borneo. Jeden Tag verschwinden dort Waldflächen in der Größenordnung von 4.600 Fußballfeldern, ergab eine Untersuchung des WWF aus dem Jahr 2007.
###mehr-artikel###Der Brandsmog ist kein neues Phänomen. Seit den 1990er Jahren werden auf Sumatra Jahr für Jahr während der trockenen Jahreszeit im Sommer im großen Stil Regenwald und Torfwald niedergebrannt. Der Rauch dieser Brände nebelt regelmäßig Singapur ein. Aber so schlimm wie in diesem Jahr war es seit 1997 nicht mehr. Der Rauch ist gefährlich für Menschen mit Herz- und Lungenproblemen; in Singapurs Krankenhäusern stiegt die Zahl der Patienten mit Hals- und Nasenproblemen, Augenreizungen und Atemwegserkrankungen sprunghaft an.
Gefährdet ist auch das Weltklima. Mit den Wäldern gehen wichtige CO2-Speicher verloren, gespeichertes CO2 wird freigesetzt und trägt zur Erderwärmung bei. Torfmoorwälder können ihren mächtigen Torfschichten bis zu 6.000 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern, weiß die Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). Wie bedeutsam diese tropischen CO2-Speicher sind macht der WWF durch einen mit unseren Forsten deutlich: "Ein naturnaher deutscher Wald bringt es auf maximal 120 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar."
Die Feuerteufel von Riau
Als Feuerteufel von Riau stehen die großen Palmölmultis am Pranger. Die Indonesier schieben malaysischen Firmen die Schuld zu, die Malaysier indonesischen. Singapur gefällt sich in der Opferrolle und verschweigt dabei verschämt seine Rolle als südostasiatisches Finanzzentrum, in dem die Palmölgiganten profitable Geschäfte machen und an dessen Börse sie gelistet sind. Die Mehrzahl der Brände auf Sumatra loderten nach Angaben von Umweltschutzorganisationen und der indonesischen Regierung in Regionen, in den acht große Firmen Konzessionen für Plantagen besitzen. Der Verdacht liegt also nahe, dass die Multis der Papier- und Palmölbranche illegale Brandrodungen betreiben.
Die Firmen dementieren die Vorwürfe energisch. Tatsächlich haben sie sich als Mitglieder des Runden Tischs für nachhaltiges Palmöl (RSPO) der nachhaltigen Produktion verpflichtet, das schließt ein Verbot von Brandrodungen ein. Einmal mehr wird das vielfach kritisierte RSPO als Grünwaschanlage benutzt. Die gegenwärtigen Probleme sind nämlich nach Ansicht von Greenpeace Resultat der jahrzehntelangen Entwaldung Sumatras. "Palmölgiganten wie Sime Darby und Wilmar International können sich nicht hinter ihrer Null-Brandrodung-Politik verstecken. Durch Abholzung von Wäldern und die Entwässerung von Moorland habe solche Firmen die Grundlage für die Katastrophe gelegt“, sagt Bustar Maitar, Chef der Indonesia Forest Campaign von Greenpeace International.
Durch die Entwaldung gehe Biovielfalt verloren und das Land trockne aus, so der Experte - ein Prozess, der durch die Entwässerung der Torfmoorböden noch beschleunigt wird. Bilder der Umweltschützer zeigen, dass selbst noch im dicksten Brandsmog Bagger im Sumpf Entwässerungsgräben ziehen. Auch die Schuldzuweisung der Großplantagenbesitzer an die kleinen Ölpalmenpflanzer lässt Maitar nicht gelten: "Ohne durch eine strikte Einkaufspolitik zu garantieren, dass kein schmutziges Palmöl in den Handel kommt, treiben diese Firmen die Entwaldung und die Zerstörung von zigtausenden Hektar Moorland voran."
Drittgrößter CO2-Emittent weltweit
Über das Ausmaß der Klimaschäden durch die Sumatrafeuer gibt es noch keine Daten. "Aber wir haben Daten über die jährliche durchschnittliche CO2-Emission durch die natürliche Entwaldung Sumatras", sagt Anwar Purwoto, Waldexperte des WWF Indonesien. Demnach lag zwischen 1985 und 2009 die CO2-Emission in Riau schätzungsweise bei 115 Megatonnen pro Jahr und bei 686 Megatonnen durch die Zerstörung von Moorland. Durch die rücksichtslose Entwaldung ist Indonesien weltweit der drittgrößte Emittent des klimaschädlichen Treibhausgases CO2.
Eine Ahnung vom Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens durch den Supersmog gibt die Brandrodungskatastrophe von 1997. Seinerzeit gingen laut einer Untersuchung des Zentrums für internationale Forstwirtschaft (CIFOR) 11,7 Millionen Hektar Wald in Flammen auf und verursachten einen geschätzten wirtschaftlichen Schaden von rund 6,5 Milliarden US-Dollar, einschließlich der 2,8 Milliarden durch CO2-Emissionen.
Auf der Habenseite ist das Bemühen Indonesien zur Rettung der verblieben Wälder zu verbuchen. Gegen den Widerstand der Plantagenlobby hat Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono das Abholzungsmoratorium für 64 Millionen Hektar Wald bis 2015 verlängert. Glaubt man den Zahlen den Forstministeriums, ist die Geschwindigkeit des Verlusts von jährlich 3,5 Millionen Hektar Ende der 1990er Jahre auf jetzt 450 Hektar gebremst worden. Allerdings hat das Forstministerium als korrupteste Behörde Indonesiens ein Glaubwürdigkeitsproblem. Entsprechend vorsichtig kommentiert Purwoto das Engagement des in Indonesien kurz SBY genannten Präsidenten: "Ich sehe eine Kluft zwischen Engagement und politischem Willen einerseits und der Bereitschaft, all diese politischen Absichten zum Schutz der Biovielfalt und der Umwelt umzusetzen andererseits."
Der als schwacher Staatschef geltende SBY hat sich für seine Entschuldigung gegenüber Singapur und Malaysia für die Qualmqual Schelte der indonesischen Medien eingefangen. Unterwürfigkeit und Herabwürdigung des Nationalstolz wird dem Präsidenten vorgeworfen. Wohlfahrtsminister Agung Lakson nannte gar die Angst der Singapureaner vor dem giftigen Qualm "kindisch". Das sind keine guten Vorrausetzungen für den Gipfel des südostasiatischen Staatenbunds ASEAN in wenigen Wochen, auf dessen Tagesordnung auch die jährliche Luftverschmutzung durch Brandrodungen gerückt ist. Singapur und Malaysia wollen Indonesien drängen, das schon 2002 geschlossene ASEAN-Abkommen gegen grenzüberschreitenden Smog zu ratifizieren.
Kampf um nachhaltige Produktion
Die Brände haben aber auch der Palm Oil Innovation Group (POIG) zusätzliche Feuerkraft im Kampf um eine nachhaltige Produktion gegeben. Der POIG gehören Umweltorganisationen wie Greenpeace und der WWF, aber auch "fortschrittliche" Palmölproduzenten wie Golde Agri Resources oder DAABON Organic an. Der POIG gehen die Standards des Runden Tischs für nachhaltige Palmölproduktion nicht weit genug. Die POIG werde daher eine eigene Charta entwickeln und "Wege erforschen, wie der Markt für die Nachfrage für von Palmölprodukte, die von innovativen Firmen der Branche hergestellt werden, vergrößert werden kann", hieß es jüngst in einer Erklärung.