Zuvor hatte bereits der württembergische Landesbischof Frank Otfried July Kritik an dem Dokument geäußert. Die Ehe als Institution werde darin "fast lautlos aufgegeben oder pauschal zurückgewiesen", sagte der Leitende Geistliche. Andere Landesbischöfe verteidigten indes die vor einer Woche vorgelegte Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit - Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken". Darin ruft die EKD dazu auf, alle Familienformen anzuerkennen und zu stärken.
Löwe: Text sorgt für heillose Verwirrung
Im Blick auf die Kinder, so argumentiert Löwe, seien Alleinerziehende, wo der Vater oder die Mutter fehlt, beziehungsweise "der männlich-weiblichen Polarität entbehrende Gemeinschaften von zwei Frauen oder zwei Männern nicht der überkommenen Ehe und Familie gleich zu schätzen". Löwe war bis 1999 Bevollmächtigter des EKD-Rates bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union. Zudem war er von 1994 bis 2003 evangelischer Militärbischof.
###mehr-artikel### Eine Orientierungshilfe sei der Text mitnichten, vielmehr sorge er in seinen Grundannahmen für eine heillose Verwirrung, urteilt Altbischof Löwe. Denn Familie werde in dem Grundsatzpapier nicht nur aus dem Zusammenhang mit der Ehe gelöst, sondern auch unbegrenzt auf die unterschiedlichsten Formen des Zusammenlebens ausgedehnt. Durch die Ausweitung des Familienbegriffs würden verschiedene Lebensformen gar nicht mehr unterschieden, sondern in jeder Hinsicht als gleichrangig gewertet. "Geradezu abenteuerlich wird es, wenn dieser 'Gleichheitsfuror' aus dem Alten und Neuen Testament begründet wird", schreibt Löwe.
Die Folge: Ökumenischer Stillstand und Rückschritte
Er warnt auch vor den Folgen, die es habe, wenn die aktuelle Orientierungshilfe einem EKD-Text zu Ehe, Familie und Homosexualität von 1996 fundamental widerspreche, ohne dafür einen diskutablen Grund anzugeben. Dann verliere auch der gutwilligste Zeitgenosse sein Vertrauen in eine Institution, die über die Moden des Tages hinaus dem Zusammenleben der Christen biblische Maßstäbe und Einsichten vermitteln soll.
Negative Rückwirkungen hat das Familienpapier nach Einschätzung von Löwe auch auf "zentrale ökumenische Gemeinsamkeiten" mit der römisch-katholischen Kirche. Wenn man christliche Gemeinsamkeiten aufkündige, seien ökumenischer Stillstand und Rückschritte die natürlichen Folgen, gibt der Theologe zu bedenken.