Die Synode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Sie entstand nach einem handfesten Skandal. In der Nazi-Zeit war sie dann Mittelpunkt des "Kirchenkampfes". Und 1999 sorgte die Wahl der damals 41-jährigen Margot Käßmann zur Landesbischöfin für bundesweites Aufsehen. Am 31. Mai blickt das Parlament der größten deutschen evangelischen Landeskirche mit einem Festakt auf sein 150-jähriges Bestehen zurück.
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Heute repräsentieren die 75 Mitglieder der Landessynode rund 1.300 Gemeinden zwischen Göttingen und der Nordsee. Sie beschließen Gesetze, verabschieden den Haushalt und wählen den Bischof oder die Bischöfin.
Das Kirchenparlament ging im Jahr 1863 aus einem denkwürdigen Ereignis hervor, das als "Katechismusstreit" in die niedersächsische Geschichte einging. "Die Synode ist das Ergebnis eines veritablen Skandals", sagt der Kirchenhistoriker Hans Otte. König Georg V. (1819-1878) hatte 1862 einen konservativ ausgerichteten Katechismus zu Fragen von Glauben und Lehre für Kirche und Schule verbindlich eingeführt, und zwar von oben herab durch königliche Order. Damit war er selbst für die damalige Zeit zu weit gegangen.
Offener Machtkampf im Landeskirchentag 1933
Quer durch sein Reich erhob sich nun ein Sturm der Entrüstung, und liberale Kritiker pochten auf demokratische Elemente in der Verfassung. In Hannover kam es sogar zu gewaltsamen Tumulten. Georg V. beugte sich schließlich dem Druck und nahm die verbindliche Einführung des Katechismus zurück. Zugleich entließ er seinen Kultusminister und mit ihm sein gesamtes Kabinett.
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Der neue Kultusminister Karl Lichtenberg (1816-1883) machte schließlich den Weg frei für die Gründung einer Synode als Organ der kirchlichen Selbstverwaltung. Sie trat am 6. Oktober 1863 im damaligen "Ständehaus" in Hannover erstmals zusammen. Ohne eigene Synode wären die hannoverschen Gemeinden nach dem Zusammenbruch des Königreichs Hannovers 1866 in die preußische Kirche eingegliedert worden.
Viele Jahrzehnte arbeitete die Synode geräuschlos und effizient. Doch als 1933 die Nationalsozialisten versuchten, das Kirchenparlament unter ihre Kontrolle zu bringen, kam es zum offenen Machtkampf. Durch Wahlen und juristische Tricks waren viele Anhänger der NS-Kirchenpartei "Deutsche Christen" in den "Landeskirchentag" gelangt, wie die Synode zu dieser Zeit hieß. Sie erreichten eine Drei-Viertel-Mehrheit und versuchten, Kirchenpolitik im Sinne der Nationalsozialisten durchzusetzen.
Mehr Demokratie nach 1968
Bischof August Marahrens (1875-1950) zog schließlich die Notbremse und legte sein Veto ein. Er und seine Anhänger bekamen 1935 Recht vor dem Oberlandesgericht Celle, das den "Landeskirchentag" von 1933 und alle seine Beschlüsse für illegal erklärte. Die Episode ging als "braune Synode" in die Geschichte ein. Danach hat in der Landeskirche bis 1946 keine Synode mehr getagt.
Marahrens glaubte aufgrund des Celler Urteils noch lange Zeit, er lebe in einem Rechtsstaat, erläutert Hans Otte. Der Bischof konnte sich deshalb später zu keiner grundlegenden Kritik am NS-System und seiner Judenverfolgung durchringen.
Mit der 1968er-Bewegung hielt später mehr Demokratie Einzug in die Synode. Reformbewegte Synodenmitglieder brachten jetzt politische Themen wie Rassismus, Frieden oder Atomkraft ins Kirchenparlament. Für einen Paukenschlag sorgte die Synode vor 14 Jahren mit der Wahl von Margot Käßmann - mit ihr trat erstmals eine Frau an der Spitze der Landeskirche. Nach ihrem Rücktritt 2010 wählte die Synode den heutigen Landesbischof Ralf Meister.
Auf ihrer aktuellen Tagung berät die 24. Landessynode der Evangelischen Landeskirche Hannovers unter anderem eine Ergänzung der Kirchenverfassung um Aussagen zum Verhältnis von Kirche und Judentum, die weitere Entwicklung der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und nimmt diverse Berichte ihrer Ausschüsse und natürlich des Landesbischofs entgegen.