Im Mittelpunkt der mit rund 45 Minuten besonders langen Audienz standen nach Angaben der Kanzlerin Fragen der Globalisierung und die Rolle der Europäischen Union. Die Begegnung sei eine "große Freude und Anerkennung für Deutschland", sagte sie.
Politik könne die Grundlagen der Gesellschaft nicht schaffen, betonte Merkel im Anschluss an die Audienz. Der katholischen Kirche komme bei der Pflege der gesellschaftlichen Grundlagen "aus meiner Sicht eine zentrale Rolle zu".
Franziskus habe im Gespräch mit ihr deutlich gemacht, dass "Europa gebraucht wird und dass wir ein starkes Europa brauchen". Im Hinblick auf die aktuelle Wirtschaftskrise beklagte die Bundeskanzlerin "Entgleisungen aus den Leitplanken der sozialen Marktwirtschaft". Wirtschaft müsse den Menschen dienen. "Das war längst nicht überall der Fall." Eine zentrale Aufgabe sei dabei eine stärkere Regulierung. Die internationale Gemeinschaft sei auf diesem Weg bereits ein Stück vorangekommen, um neuerliche Krisen zu verhindern.
Merkel zeigte sich beeindruckt, dass Franziskus die Menschen durch "einfache berührende Worte erreicht". Heute müsse die Kirche "zu den Menschen gehen", sagte sie.
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Mit der Audienz für die Bundeskanzlerin machte der Papst eine Ausnahme von der Regel, nach der er Regierungschefs in den letzten sechs Monaten ihrer Amtszeit vor den nächsten Wahlen nicht empfängt. Merkel überreichte dem Kirchenoberhaupt als Geschenk eine Gesamtausgabe der Aufnahmen seines Lieblingsdirigenten Wilhelm Furtwängler in 107 CDs und eine antiquarische Gesamtausgabe des Dichters Friedrich Hölderlin von 1905. Franziskus schenkte ihr ein Set vatikanischer Münzen.
Im Anschluss an die Begegnung mit dem Kirchenoberhaupt kam Merkel mit dem vatikanischen "Außenminister", Erzbischof Dominique Mamerti, zusammen. Es war die zweite Begegnung der Bundeskanzlerin mit Papst Franziskus. Am 19. März hatte sie an der Messe anlässlich seiner Amtseinführung teilgenommen und ihn persönlich zu seiner Wahl als Nachfolger von Benedikt XVI. beglückwünscht.