Der Geist, der in Amtsstuben vorherrsche, sei bestimmt "von völkischem Bewusstsein, exekutiver Hörigkeit und der Ablehnung gegenüber allem, was vermeintlich nicht der Norm entspricht", sagte Wagner am Freitag in Berlin. Daraus erkläre sich auch, warum das rechtsextreme NSU-Trio jahrelang ungestört agieren konnte.
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"Das waren nicht nur drei durchgeknallte Ostdeutsche, sondern da steckt ein ganzes kulturelles System dahinter, das zum Wohle unserer Demokratie dringend aufgebrochen werden muss", sagte Wagner bei einem Gespräch anlässlich des NSU-Prozesses in der Heinrich-Böll-Stiftung. Das Ganze korrespondiere mit gravierenden Fehleinschätzungen der zuständigen Sicherheitsbehörden über die Neonazi-Szene, die den Rechtsextremismus bereits 1990 bei einer Tagung in Bonn als Auslaufmodell ankündigten.
Gebraucht werde eine Debatte über den institutionellen Rassismus in der Bundesrepublik, sagte der Berliner Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, der Angehörige der Opfer in dem Prozess vertritt. Das Problem seien nicht "die Glatzen in Eberswalde, Pirna oder Solingen". "Vor denen haben wir keine Furcht. Mit denen werden wir fertig. Das Problem ist der gesellschaftlich akzeptierte Rassismus. Darüber müssen wir reden", betonte er. Aus Sorge um die Reputation Deutschlands werde das Thema in der bundesdeutschen Politik allerdings gemieden und verschwiegen.
Als Beispiel für Rassismus in den Behörden führte Daimagüler die Analyse eines Landeskriminalamtes über die Mordserie vor Entdeckung der NSU-Zelle an. Darin schreibt der mit dem Bericht beauftragte Polizeibeamte sinngemäß, dass die Tötung von Menschen in "unserem Kulturkreis mit einem hohen Tabu" belegt sei und die Täter deshalb von weit außerhalb kommen müssten.