Sachverständige, darunter der Deutsche Hebammenverband, fordern Nachbesserungen im Bereich des Sorgerechts. Bislang sieht der Gesetzentwurf vor, dass das Sorgerecht der Mutter sofort nach einer vertraulichen Geburt ruht und damit staatliche Stellen eingeschaltet werden. Der Hebammenverband hält dies für "verfassungsrechtlich sehr bedenklich", wie er in seiner Stellungnahme für die an diesem Montag geplante Anhörung im Familienausschuss des Bundestags schreibt.
Schwierigkeiten bei Hausgeburten
Die Unterstellung, dass Frauen nach einer Geburt nicht willens wären, die Verantwortung der Mutterschaft zu übernehmen, greife zu kurz, kritisierte der Hebammenverband. Er wies dabei auch auf die Schwierigkeiten für Hebammen bei Hausgeburten hin, die nach dem Gesetz verpflichtet wären, das Kind offiziellen Stellen zu übergeben, es aber schwerlich durchsetzen können, wenn die Mutter es nicht hergeben will.
Der Passauer Rechtswissenschaftler Werner Beulke nennt das vorgesehene Ruhen des Sorgerechts der Mutter in seiner Stellungnahme einen "Webfehler" des Gesetzes. Zwar sehe das Gesetz vor, dass die Mutter das Sorgerecht zurückerhalten kann, dies werde jedoch nur in Ausnahmefällen durchsetzbar sein, vermutet Beulke. Der Jurist schlägt daher eine achtwöchige Interimslösung ohne Einschaltung der Adoptionsvermittlungsstellen vor. Auch der Katholische Deutsche Frauenverbund verlangt eine niedrigschwellige Regelung bei Müttern, die ihr Kind zwar anonym gebären, aber trotzdem selbst aufziehen wollen.
Ohne Rechtsgrundlage
Mit der vertraulichen Geburt will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) eine neue Hilfe für Schwangere in Notlagen etablieren. Wollen Schwangere ihre Identität nicht offenbaren, können sie bisher Säuglinge in Babyklappen ablegen oder im Krankenhaus anonym gebären. Beiden Angeboten fehlt jedoch die Rechtsgrundlage.
Der Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt sieht vor, dass die Mutter ihre Identität preisgibt, sie aber versiegelt verwahrt wird. Das Kind hat dann nach 16 Jahren das Recht, seine Abstammung zu erfahren. Die anderen Angebote werden dadurch nicht abgeschafft, sollen aber nach Schröders Vorstellungen durch die vertrauliche Geburt möglichst komplett abgelöst werden. Inwieweit die bestehenden Angebote stärkerer Kontrolle ausgesetzt oder zumindest für Helfer noch rechtssicher ausgestaltet werden können, ist noch Gegenstand der derzeitigen parlamentarischen Beratungen. An diesem Donnerstag entscheidet der Bundestag abschließend über das Gesetz.