TV-Tipp: "Tatort: Borowski und der brennende Mann" (ARD)

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TV-Tipp: "Tatort: Borowski und der brennende Mann" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Borowski und der brennende Mann", 12. Mai, 20.15 Uhr im Ersten
Als an einer dänischen Schule in Schleswig das Lucia-Fest gefeiert wird, verbrennt vor den Augen von Kriminalrat Schladitz sein alter Freund aus Kindheitstagen, mittlerweile Leiter dieser Schule. Borowski wird hinzugezogen.

Beinahe im Wochentakt gelingt den Sendern der ARD Sonntag für Sonntag großes Fernsehen. Vor allem der NDR sorgt derzeit für einen Paukenschlag nach dem anderen: erst der fulminante Einstieg von Til Schweiger, dann die nicht minder sehenswerte und gleichfalls äußerst erfolgreiche Premiere von Wotan Wilke Möhring, nun ein unbedingt sehenswerter "Tatort" aus Kiel; und die "Polizeiruf"-Beiträge aus Rostock stellen ohnehin regelmäßig beste Krimikunst dar. Ganz gleich, was der NDR sonntags in Quotenrennen schickt, es ist prinzipiell von überdurchschnittlicher Qualität.

Gestörtes Vertrauen zwischen den Ermittlern

Für die Krimis mit Axel Milberg gilt das sowieso; und das nicht nur wegen des grandiosen Hauptdarstellers. Die Geschichten sind stets von großer Sorgfalt und Originalität. "Borowski und der brennende Mann" stammt von Daniel Nocke, dessen Drehbücher für Stefan Krohmer ("Ende der Saison", "Familienkreise") vielfach ausgezeichnet worden sind. Die innere Spannung des Films ergibt sich aus der Mischung verschiedener Zutaten, die jede für sich schon interessant, als Mixtur aber ausgesprochen reizvoll sind: die dänische Minderheit in Schleswig, eine Reise in die Kindheit von Borowskis Freund und Chef Schladitz (Thomas Kügler), die Fremdenfeindlichkeit der Nachkriegszeit, das gestörte Vertrauen zwischen den Ermittlern.

Außerdem ergänzt Nocke das Team um eine neue Figur, deren Gastspiel hoffentlich nicht einmalig bleibt: Die Schwedin Lisa Werlinder, in der Komödie "Freilaufende Männer" fürs deutsche Fernsehen entdeckt, ist eine Wucht. Sie spielt die deutsch-dänische Kommissarin Einigsen, die für den Fall zuständig ist: Als an einer dänischen Schule in Schleswig das Lucia-Fest gefeiert wird, verbrennt vor den Augen von Kriminalrat Schladitz sein alter Freund aus Kindheitstagen, mittlerweile Leiter dieser Schule. Borowski wird hinzugezogen, doch da ihn sein Chef nicht ins Vertrauen zieht, gibt es zwei weitere Morde.

Schlüssel zur Lösung ist ein vergilbtes Kinderfoto: Drei der Personen sind bereits tot. Schladitz, die Nummer vier, liegt nach einem Autounfall schwer verletzt im Krankenhaus. Fieberhaft sucht die Polizei nicht nur nach der fünften Person, sondern auch nach einer Erklärung für die Morde; irgendjemand scheint eine alte Rechnung begleichen zu wollen. Die Spur führt in die Sechzigerjahre, als einige Kinder den Bauernhof von Flüchtlingen aus Pommern angezündet haben. Die gesamte Familie ist dabei ums Leben gekommen; bis auf einen kleinen Jungen.

Regisseur Lars Kraume ("Guten Morgen, Herr Grothe") hat die Geschichte enorm dicht umgesetzt und führt die Darsteller ausnahmslos zu herausragenden Leistungen. Faszinierend ist auch der gerade in atmosphärischer Hinsicht radikale Unterschied zu den jüngsten Frankfurt-Krimis von Kraume. Während seine hessischen "Tatort"-Beiträge allesamt auf wahren Begebenheiten beruhten, ist "Borowski und der brennende Arm" fiktionales Fernsehen im besten Sinne.

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Es sind vor allem die Figuren, die diese spürbar durch skandinavische Erzähltraditionen beeinflusste Geschichte zum Leben erwecken. Besonderes Vergnügen bereitet das Zusammenspiel von Milberg und Werlinder: Die enthusiastische und lebensfrohe junge Polizistin bewundert den älteren Kollegen, was der prompt als Zuneigung missversteht. Für weitere Dynamik zwischen den Figuren sorgt eine Vertrauenskrise zwischen Borowski und Sarah Brand (Sibel Kekilli). Respekt auch vor Kraumes Kraftakt, das Werk bereits gut drei Monate nach der letzten Klappe zur Ausstrahlung zu bringen; selbst wenn der Schnee und die vorweihnachtliche Stimmung etwas irritieren.