"Aus der Perspektive des einzelnen Unternehmens sind niedrige Löhne natürlich ein Vorteil", sagte Institutsdirektor Gustav Adolf Horn der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe). "Aus der gesamtwirtschaftlichen Sicht bedeutet ein großer Niedriglohnsektor jedoch Nachteile. Er führt zu Störungen in der Wirtschaft."
Horn erläuterte: "Es werden zwar hohe Gewinne erwirtschaftet, doch die Binnennachfrage ist relativ schwach. Es fehlt die breite Nachfrage." Der Konjunkturforscher warnte auch vor längerfristigen Folgen. "In der Gegenwart fehlt es an Kaufkraft, um die Wirtschaft unabhängiger von der Exportkonjunktur zu machen. In der Zukunft fehlen dem Einzelnen dann ausreichende Alterseinkünfte. Wo wenig Einkommen ist, wird wenig Rente erzielt."
Wenn man die Rente erhöhen wolle, müsse man deshalb zuvor die Einkommen erhöhen, unterstrich Horn. "Der Mindestlohn ist ein notwendiges Mittel, um gegen die Problematik der Altersarmut vorzugehen, aber noch kein hinreichendes." Eine höhere Tarifbindung und insgesamt bessere Löhne würden Druck vom Rentensystem nehmen, sagte er. "Dann müsste man weniger am Rentensystem selbst ändern."
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Montag steigt der Anteil der Arbeitnehmer, die zu Niedriglöhnen arbeiten, weiter. Im Jahr 2010 erhielt demnach jeder Fünfte (20, 6 Prozent) weniger als 10,36 Euro pro Stunde. Dieser Stundenlohn markierte 2010 die Grenze zum Niedriglohn. 2006 lag der Anteil der Geringverdiener noch bei 18,7 Prozent.